Wertsteigerung

Steigerung des ernährungsphysiologischen Wertes von Weizen
aus ökologischem Landbau

I. Hagel, H. Spieß und E. Schnug (1998)

Auszug aus HAGEL, I., H. SPIEß und E. SCHNUG (1998): Steigerung des ernährungsphysiologischen Wertes von Weizen aus ökologischem Landbau. 110. VDLUFA-Kongreß, 14.-18.9.1998, Gießen, 235-238.

siehe auch Nr. 20 der Publikationsliste

Mit steigendem Rohproteingehalt des Weizens sinkt bekanntlich der Anteil des durch hohe Lysingehalte gekennzeichneten und dadurch ernährungsphysiologisch wertvollen Albumins und Globulins. Weizen aus Ökolandbau weist gegenüber konventionell erzeugtem Weizen häufig bedeutend niedrigere Proteingehalte auf. Eine aus verschiedenen Gründen wünschenswerte Steigerung der Rohproteingehalte von „Ökoweizen“ würde damit den Anteil dieser Proteinfraktion reduzieren.

Zur Untersuchung dieser Fragestellung wurden 13 Winterweizenvarianten (moderne Qualitätssorten (Z), vermehrte ältere Sorten „Hofsorten“ (H) und deren Auslesen (A) sowie durch Kreuzung bzw. Auslese erhaltene Zuchtstämme (Zst)) des Erntejahres 1995 eines biologisch-dynamisch angebauten Weizensortenversuches (randomisiert, vier Wiederholungen) einer Proteinfraktionierung unterzogen.

  • Der mittlere N-Gehalt der Varianten lag mit 1,94% (TM, =11,06 Rohprotein) auf einem für die Verhältnisse des Ökologischen Landbaus befriedigenden Niveau.
  • Der niedrigere mittlere Ertrag von 35,2 dt/ha war auf die ungünstige Vorfrucht Möhren zurückzuführen.
  • Mit steigenden Stickstoff-Gehalten des Korns sanken die relativen Gehalte an Albumin- und Globulin-Stickstoff, die des Gliadins stiegen, während das Glutenin nicht beeinflußt wurde (Abb. 1).
  • Die modernen Sorten Bussard Z, Rektor Z und Fregatt Z wiesen die höchsten über dem Versuchsdurchschnitt (Regression) liegenden Gehalte an backtechnologisch wirksamen Glutenin auf. Sie unterschieden sich aber nicht signifikant von Gluteningehalten der aus älteren Sorten selektierten Hofsorten bzw. Auslesen Diplomat H, Progreß A sowie der Zuchtstämme JCB2 Zst und J x HL Zst.

  • Die Kompensierung über- bzw. unterdurchschnittlicher Glutenin-Gehalte durch wechselnde Anteile Albumin und Globulin sowie Gliadin erfolgte bei den einzelnen Varianten unterschiedlich. Die Variante Diplomat A stellte insofern eine Besonderheit dar, als sie ihren im Vergleich zu allen anderen Varianten um 9,7% (absolut) hochsignifikant über dem Versuchsdurchschnitt liegenden relativen Gehalt an Albumin- und Globulin-Stickstoff sowohl durch niedrigere relative Gehalte an Glutenin als auch an Gliadin kompensierte (Abb. 2, was zu einem günstigen, d.h. weiten Verhältnis Glutenin:Gliadin führte, s.u.).

Da Albumin- und Globulin durch den hohen Gehalt an Lysin ernährungsphysiologisch besonders wertvoll sind, dürfte eine entsprechende Weizensorte für die Vermarktung im Ökobereich mit seinen besonderen Qualitätsansprüchen Vorteile bieten. Auch unter dem Gesichtspunkt, daß organische (gegenüber mineralischer) Düngung auf niedrigerem Niveau liegende relative Gehalte an Albumin- und Globulin induzierte, dürfte eine solche Sortenwahl Vorzüge aufweisen. Schließlich spricht das Vorhandensein sekundärer Pflanzenstoffe (Proteinasen) in der Fraktion der Albumine und Globuline, die ebenso wie die Ballaststoffe des Getreides anticancerogene Wirkungen aufweisen für eine solche Züchtungsrichtung.

  • Die Kleberqualität von Diplomat A, gemessen am Glutenindex von 60, lag trotz der niedrigen Glutenin-Gehalte zwar höher als die vergleichbarer älterer (Land-) Sorten (z.B. Ammertaler: 47), jedoch niedriger als die Glutenindices der modernen Sorten mit Werten zwischen 80-100.

Da Differenzierungen der technologischen Qualität verschiedener Sorten sich durch das im Ökobereich hauptsächlich verbackene Vollkornmehl bzw. -schrot nivellieren und dort auch meistens im Kasten gebacken wird, bieten sich unter diesen Bedingungen aus ernährungsphysiologischer Sicht durchaus praktikable Chancen für die Einführung eines solchen Weizentyps in den Markt.


Wertsteigerung wurde am 30.03.2010 unter veröffentlicht.

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