In den Medien ist der Krieg in Europa bereits da

von Ingo Hagel

Im Zusammenhang mit der Finanzkrise werden in der letzten Zeit markige Worte einer Kriegsrhetorik fallengelassen – und von den sie umschwärmenden Medien bedenkenlos und unkritisch weiterverbreitet. Von „Bazooka“, „Feuerkraft“, „Flächenbrand“ und „Brandmauern“ ist die Rede. Sie sollen offenbar schon mal vorbereiten auf das, was kommen soll. Aber auch europäische Staatsmänner klingen diesbezüglich sehr ernst. Von Vorwürfen des Hasses und einem möglichen Krieg in Europa ist die Rede.

im Oktober 2011 malte der britische Premierminister

„die Zukunft der Gemeinschaftswährung in düsteren Farben. Cameron warnt vor einer wirtschaftlichen Katastrophe. Verhindern können das aus seiner Sicht nur Berlin und Paris.“

schrieb die FTD. Und weiter:

Cameron fordert „große Bazooka“ gegen Euro-Krise. …. Cameron wiederholte seinen Appell, die Feuerkraft des Euro-Rettungsschirms EFSF auszuweiten.

Durch wie viele Medien geisterte dieser Begriff nicht, natürlich völlig unreflektiert. Offenbar liegen bei den Zeitgenossen die Erinnerungen, die mit einer Bazooka verbunden sind, zu weit zurück:

„Die Bazooka war eine raketenangetriebene Panzerabwehrhandwaffe der US-amerikanischen Streitkräfte … Ähnlich wie Panzerfaust wird Bazooka oft als Bezeichnung für alle raketenangetriebenen Panzerabwehrwaffen verwendet.“ sagt Wikipedia

Die Welt zitierte den britischen Finanzminister George Osborne, der die Euro-Zone zu mehr Tempo in ihren Eurorettungsaktionen drängt:

„Es ist ja schön zu sagen, wir haben Brandschutzmauern“, sagte der britische Finanzminister George Osborne vor einem Ressortcheftreffen in Brüssel. „Aber die Euro-Zone muss der Welt jetzt überzeugend zeigen, dass die Abwehrmauer wirklich da ist und genug Mittel hat.“ Damit bezog sich Osborne auf den Rettungsfonds EFSF. Dessen Feuerkraft soll mit zwei Hebeln von 440 Milliarden Euro auf gut eine Billion Euro erhöht werden, doch noch steht der Mechanismus nicht.

 

Auch der US-Ökonom Nouriel Roubini bedient sich dieses kriegerischen Wortarsenals, indem er eine Erweiterung des Eurorettungsfonds auf mindestens zwei Billionen Euro verlangt, denn:

„Wir brauchen jetzt eine Abwehrwaffe, eine Bazooka. Und zwar innerhalb weniger Wochen. Spätestens zum G-20 Gipfel Anfang November muss die Ausweitung des Rettungsschirmes stehen.“ Sonst drohten ein globaler Crash der Finanzmärkte und eine weltweite Depression. „Uns läuft die Zeit davon.“  …. Der US-Topökonom verlangt eine „Brandmauer“, damit die Staatsschuldenkrise nicht zum Flächenbrand wird: Der Betrag im Euro-Rettungschirm soll mehr als vervierfacht werden – auch wenn das Deutschland das „AAA“ kosten würde.

Man muss sich fragen, wo wir uns eigentlich befinden bei all dieser Kriegsrethorik der anglo-amerikanischen Finanzeliten? Jedoch ist diesen vor allem die (im Moment noch gute) Bonität Deutschlands ein Dorn im Auge bei ihren Attacken gegen Deutschland und Europa (s. dazu hier, hier und hier).

Zu dieser Bonität schreibt das Handelsblatt:

Profiteur der Krise ist Deutschland, weil Bundesanleihen in puncto Sicherheit das Maß aller Dinge sind. …. Die Investoren begnügen sich mit immer weniger Zinsen, und Deutschland finanziert sich so günstig wie noch nie: In dieser Woche wurden für Sechsmonatspapiere gerade einmal Zinskosten von 0,08 Prozent fällig, im September stockte der Bund eine zehnjährige Anleihe mit einer Mini-Rendite von 1,8 Prozent und eine fünfjährige Anleihe zu 1,2 Prozent auf. Anleger nehmen dabei sogar negative Realrenditen in Kauf, denn schließlich lag die Inflationsrate zuletzt bei 2,5 Prozent.

Man kann es ja aus vielen Gründen glauben, dass England und Amerika mit ihren „guten Ratschlägen“, was Europa tun solle, nichts Gutes im Sinn haben. Einen der Gründe zitierte kürzlich der Spiegel (Hervorhebung IH):

Wie der britische „Guardian“ berichtet, gerieten Cameron und Sarkozy am Sonntagnachmittag in der Runde der Staats- und Regierungschefs heftig aneinander. Genervt von Camerons wiederholten Mahnungen an die Euro-Staaten, die Probleme der Währungsunion endlich entschlossen zu lösen, platzte Sarkozy der Kragen. Dem Bericht zufolge schnauzte der französische Präsident den britischen Premier ganz und gar undiplomatisch an: „Du hast eine gute Gelegenheit verpasst, den Mund zu halten.“ Weiter wird Sarkozy zitiert: „Wir haben es satt, dass ihr uns ständig kritisiert und sagt, was wir tun sollen. Ihr sagt, ihr hasst den Euro, und jetzt mischt ihr euch in unsere Treffen ein.“

Und mit Blick auf künftige Kriege wurde der französische Präsident und sein Außenminister sehr deutlich zum Beispiel im Tagesanzeiger zitiert (Hervorhebungen IH):

Selbst auf die Möglichkeit eines weiteren Krieges in Europa spielte der französische Präsident dabei an: «Jene, die den Euro zerstören, werden die Verantwortung dafür tragen müssen, wenn auf unserem Kontinent die Konflikte wieder zurückkehren.» Nicht viel zurückhaltender äusserte sich gemäss «Financial Times» auch der französische Premierminister François Fillon: «Wenn wir keinen Erfolg haben, ist Europa einem grossen Risiko ausgesetzt.»

Und MMNews zitiert den luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker:

Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker entblödet sich dennoch nicht, stereotyp, so, als hätte er einen Sprung in der Platte, zu wiederholen, es ginge um den „Erhalt der europäischen Idee“ (was immer das überhaupt ist). Er schreckt – ganz in der Tradition und der Funktion eines Propaganda-Demagogen wie Joseph Goebbels – sogar nicht davor zurück, mit dem Wort „Krieg“ Furcht und Angst zu schüren: Ein Tag Krieg ist teurer, als uns die ganze Rettungaktion kosten wird.“ (Juncker, „Euro-Rettung führt nicht in Transferunion“, 18. 03. 2011)

In der Tat, die „europäische Idee“ wird sicher anders verteidigt und gefestigt als mit dieser immer weiter um sich greifenden EU-Diktatur, unter deren unhaltbaren Bedingungen ein Land nach dem anderen nun seine nationale Souveränität verliert, indem bei ihm die Banker und „Experten“ des IWF, der EU und der EZB einmarschieren und ihm sagen, was es zu tun und zu lassen hat. So, wie die „europäische Idee“ im Moment „gepflegt“ wird, wird sie die Völker gegeneinander aufbringen anstatt sie zu vereinen.


In den Medien ist der Krieg in Europa bereits da wurde am 09.11.2011 unter Finanzkrise veröffentlicht.

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