Neues Wirtschaften: Findige Sauerländer engagieren sich in der Ehrenamtskneipe – Not macht erfinderisch


 

von Ingo Hagel

 

 

„Macht die Dorfkneipe dicht, haben wir nichts mehr“ – pfiffige Sauerländer haben nun das Konzept der Ehrenamtskneipe erfunden

Auf dem Land schließen immer mehr Gasthäuser. Weil den Einwohnern damit ein wichtiger Treff- und Anlaufpunkt verlorenging, haben pfiffige Sauerländer nun das Konzept der Ehrenamtskneipe erfunden.

Die WELT schreibt dazu: „Ohne engagierte Helfer, die etwas für ihr Dorf tun wollen, funktioniert das Konzept der Ehrenamtskneipen nicht.“ Ja, was würde alles nicht funktionieren, wenn Deutschland seine Ehrenamtlichen nicht hätte. Trotzdem ist dieser Satz falsch – und müsste lauten: „Ohne engagierte Helfer, die etwas für ihr Dorf tun wollen – und ihren Lebensunterhalt und ihre Tätigkeit als Wirt aus einer (noch) bestehenden Rente oder einem (noch) bestehenden Beruf finanzieren können, da diese Kneipenvereine ihre spärlichen Gewinne (genannt wurden 18.000 Euro)  an soziale Einrichtungen wegspenden (müssen, da sie gemeinnützige Vereine sind), funktioniert das Konzept der Ehrenamtskneipen nicht.“

Trotzdem kann in diesem Kneipenprojekt einer der keimhaften Beginne eines neuen Wirtschaftens gesehen werden, die hier und da sprießen. Dabei wird die Konsumentenseite einbezogen, insofern diese einen konkreten und realen Bedarf hat. Produziert wird nur für diesen und nicht ins Blaue. Aus diesem realen Impuls – man könnte auch sagen: aus dieser realen Not – heraus ist doch etliches möglich. Erstaunlich! Der Weg der Zukunft!

Das Gegenbild dazu ist die sogenannte „freie Marktwirtschaft“: Einfach krebsartig wuchernd produzieren und ohne Rücksicht auf eine Nachfrage alles auf den Markt werfen, bis aufgrund sinkender Preise keiner mehr Gewinne machen kann, s. dazu auch hier:

Brauerei-Kartell zum zweiten Mal mit hohen Strafen belegt – Sieg der freien Marktwirtschaft oder Verhinderung eines wirklichen sozialen Fortschritts?

Keine Nachfrage und keinen Bedarf haben dagegen die Menschen für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Aber die Regierung kümmert das nicht, dass 88 % der Menschen keine genmanipulierte Nahrungsmittel wollen – sie setzen diese trotzdem durch.

Interessant und zukunftsweisend ist jedoch an diesem Projekt der Aspekt, dass hier Menschen arbeiten, nicht weil sie Geld haben wollen, sondern weil sie von dem Sinn dieses Projektes überzeugt sind. Nicht auszudenken, welche Umwälzungen in diesen westlichen Gesellschaften sich vollziehen würden, wenn dieses Konzept auch für andere Wirtschaftsbereiche verwirklicht würde. Man stelle sich nur einmal vor: der Lebensunterhalt der Menschen wäre gesichert – so wie der Lebensunterhalt der in diesem Kneipenprojekt arbeitenden Menschen gesichert sein muss, denn sonst könnten sie nicht leben und sich nicht für dieses Projekt engagieren: Viele der heute hergestellten unsinnigen und unnötigen Produkte würde dann einfach wegfallen, und viele neue und sinnvolle Produkte und Wirtschaftszweige könnten entstehen.

Aber man soll nicht immer nur von der Wirtschaft, der Industrie usw. reden. Als ob diese die Einzigen sind, die produzieren. Diese verlauste Krätze einer Unfreiheit des Geisteslebens, die gerade in den USA einen weiteren traurigen Höhepunkt erreicht, wird sicher demnächst auch hier dankbar von „unseren Politikern“ aufgegriffen werden – wo kämen wir denn sonst hin? Wer bezahlt diese – geistige – Produktion? Wer bezahlt die Privatschulen, wenn keiner mehr seine Kinder auf die Staatschulen schicken will, weil die immer weiter herunterkommen.

Wie sagte einer der Aktivisten der Ehrenamtskneipe:

„Aber dass dir etwas fehlt, dass merkst du ja meist erst, wenn es weg ist.“

Das ist natürlich schade, dass es erst so weit kommen muss. Aber so stehen die Dinge heute nun einmal. Daher denke ich, dass es auch nicht der vorausschauende Gedanke sein wird, der das Unheil am Horizont kommen sieht, und daher rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Sondern es wird die Wahrnehmung der Not sein – wie bei diesem Ehrenamtskneipenprojekt, das ja nur ein kleines Beispiel darstellt neben den vielen anderen Darstellungen der Not, die hier auf Umkreis-Online zu finden sind – die letztlich die Menschen in Bewegung bringen wird und sie denken lassen wird, was sie heute noch nicht denken wollen: Und dazu gehört neben einer Dreigliederung des sozialen Organismus auch die Realisierung eines freien Geisteslebens, freier und vom Staat unabhängiger Universitäten, Ausbildungsstätten und Schulen. Wie sagte Rudolf Steiner, der Begründer (auch) der Waldorfpädagogik und der (privaten) Waldorfschule dazu:

Die praktische Gesinnung fehlt, wenn diejenigen, die schwärmen für die Ideen der Waldorfschule, nicht einmal so viel Verständnis entwickeln, dass ja dazugehört, Propaganda zu machen gegen die Abhängigkeit der Schule vom Staat – mit allen Kräften einzutreten, dass der Staat die Schule (und natürlich auch die Universitäten usw; Anmerkung IH) loslässt. Wenn sie nicht den Mut dazu bekommt, die Loslösung der Schule vom Staat zu erstreben, dann ist die ganze Waldorfschulbewegung für die Katz. Denn sie hat nur einen Sinn, wenn sie hineinwächst in ein freies Geistesleben.

 

 

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Neues Wirtschaften: Findige Sauerländer engagieren sich in der Ehrenamtskneipe – Not macht erfinderisch wurde am 22.02.2014 unter Freies Geistesleben, Soziale Frage veröffentlicht.

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