Willkommen im anthroposophischen Absurdistan: Herbert Ludwig verschweigt dem Leser, wie er wirklich Freiheit begründen kann

 

von Ingo Hagel 

 

Herbert Ludwig:

Frei ist die Handlung, wenn einer bestimmten konkreten Situation gegenüber nicht eine vorgefertigte Handlungsschablone aus einer Schublade gezogen, sondern originär intuitiv erkannt wird, welches moralische Motiv hier angemessen ist und dem eigenen Handeln zugrunde gelegt werden soll.

Da ist ja was Wahres dran. Aber wie soll der Leser von Herbert Ludwigs Artikel denn erfahren, was „originär intuitiv“ erkennen ist? Ludwig verschweigt ihm die Möglichkeit, sich darunter – im Sinne des ersten Teiles der „Philosophie der Freiheit“ – etwas vorzustellen, was wirklich Freiheit begründen kann. In unserem gewöhnlichen Alltagsbewusstsein sind wir natürlich permanent und dauernd „originär intuitiv“ tätig – allerdings ohne dass wir es bemerken.

Auch unsere dekadente Führungselite bastelt dauernd „originär intuitiv“ wunderschöne neue Dinge wie die „europäischen Werte“, die dann von der NATO verteidigt werden müssen, die Freiheit der Völker anstrebende EU, den Europäischen Stabilitätsmechanismus, Rettungsschirme, Rettungspakete, Freihandelszonen, öffentlich-rechtliche Medien, den European Council on Tolerance and Reconciliation (s.u.) und so weiter und sofort.

Darauf kommt es allerdings im Zusammenhang mit einer „Philosophie der Freiheit“ nicht an, auf die Herbert Ludwig seinen Artikel begründet, sondern darauf, dass diese Intuitionen aus und im Zusammenhang eines sinnlichkeitsfreien – also des reinen Denkens – erfolgen können, und nicht mehr allein aus einem auf Wahrnehmungen oder Vorstellungen gegründeten Denken,.

Herbert Ludwig beschreibt (unter den Zwischenüberschriften „Erkennen und freies Handeln“ sowie „Ideal und Wirklichkeit“ und „Ausblick“) lauter schöne und richtige Dinge, die dem deutschen Bildungsbürgertum früherer Zeiten –

heute gibt es das ja kaum noch, beziehungsweise es steht den aktuellen politischen Ereignissen in Deutschland und der Welt sowie der täglichen Medien-Manipulationen der Menschen angepasst und unkritisch gegenüber – das sage nicht nur ich, sondern Albrecht Müller von den Nachdenkseiten,

immer wieder runtergegangen sein dürften wie der dort erwähnte Rotwein:

Wir müssen die Situation, wie sie ist, erkennen, damit wir völlige Klarheit haben, worum es sich handelt. 

….

Unser Handeln ist nur dann frei zu nennen, wenn allein die Einsicht in eine klar im Bewusstsein stehende, von uns selbst produzierte moralische Idee das Bestimmende ist. Mit ihr liegen die Antriebe unseres Handelns nur in uns selbst. Unser Tun fließt allein aus der in uns zur freien Verfügung stehenden Idee.

….

Die Freiheit primär als Frucht eines seelisch-geistigen Entwicklungsprozess des Menschen aus inneren und äußeren Abhängigkeiten zu begreifen, ist noch nicht weit verbreitet.

….

Nur wenn sich bei einer genügend großen Zahl von Menschen die Sehnsucht nach innerer Freiheit Bahn bricht und die Freiheit immer mehr als die Blüte des Menschseins erlebt wird, 

….

Die Freiheit primär als Frucht eines seelisch-geistigen Entwicklungsprozess des Menschen aus inneren und äußeren Abhängigkeiten zu begreifen, ist noch nicht weit verbreitet. Das hängt mit der fehlenden Übung der Selbsterkenntnis zusammen, zu der die alten Griechen durch die Inschrift „Erkenne dich selbst“ am Tempel von Delphi noch ständig aufgefordert wurden.

….. usw.

Solche Hinweise und Zusammenfassungen nützen dem Leser nichts, da Ludwig ihm die Möglichkeit vorenthält, unter diesen Worten sich andere Begriffe vorstellen zu können als dasjenige abgegriffene humanistische Lametta, auf die diese Worte –

Intuition, intuitiv, Selbsterkenntnis, Freiheit als die Blüte des Menschseins, die Antriebe unseres Handelns sollen nur in uns selbst liegen usw. –

innerhalb des normalen Sprachgebrauchs deuten – in dem er sich mit Herbert Ludwig jedoch bewegen muss, da dieser die grundlegende und einen neuen Sinn vermittelnde Bedeutung des reinen Denkens unter den Tisch fallen lässt? Denn es sind ja nicht irgendwelche neuen moralischen, ethischen und so weiter Gedanken, sondern es ist ja zuerst und zuoberst dieses neue reine Denken, das den Menschen eine ganz neue Begrifflichkeit und damit selbst erlebte moralische Impulse ergreifen lässt. Alles andere sind ja nur diejenigen verlogenen Worthülsen, die bis zum Erscheinen Rudolf Steiners „Philosophie der Freiheit“ nur ergriffen werden konnten – und deren Blech bis heute immer weiter und immer verlogener plattgewalzt wird –

und das die Menschheit immer weiter in den Niedergang führen wird – jeder wache (!) Blick heute in die Zeitung und die Medien oder zum Beispiel auf die Seite Zum Zeitgeschehen belegt das.

Es ist allein dieses reine Denken, das den Menschen überhaupt in die Lage versetzt – wenn er sich zu diesem heranerzieht – sich über seine Egoismen und Triebe sowie über die Leibgebundenheit seiner alten, alltäglichen Begriffe und Phrasen –

– die ja im heutigen politischen, wissenschaftlichen, sozialen, administrativen Leben und so weiter so zerstörend wirken –

allmählich erheben zu können. Herbert Ludwig schrieb:

Den handlungsleitenden Begriff entnehmen wir nicht der Situation. Diese regt nur dazu an, ihn intuitiv zu finden. 

Aber wie soll man das denn tun, wenn man vorher nicht gelernt hat, Begriffe zu erfahren, sie zu ordnen, zu erleben, woher man seine Begriffe nimmt und woher nicht? Und das kann man eben nur, wenn man – durch das Üben des reinen Denkens anhand des ersten Teils der „Philosophie der Freiheit“, den Herbert Ludwig außen vor lässt – einen solchen festen Griff an diese Welt der Begriffe, an dieses eigene Begriffsleben hat legen können, dass man in der Lage ist, einen „handlungsleitenden Begriff“ überhaupt bilden zu können. Wie komme ich in die Lage, einen (reinen!) Begriff zu erfassen? Und wie unterschiede ich diesen von Vorstellungen?

Schließlich haben die Menschen heute überwiegend nur Vorstellungen, die Rudolf Steiner jedoch (im ersten Teil der „Philosophie der Freiheit“!) als auf Wahrnehmungen deutende Begriffe bezeichnete. Diese Vorstellungen sind daher keine reinen Begriffe, und das Denken in Vorstellungen stellt kein reines Denken dar und ist daher auch keine Grundlage für Freiheit.

Nirgendwo in seinem Artikel gibt Herbert Ludwig dem Leser die Möglichkeit – oder weist auf die in der „Philosophie der Freiheit“ gegebenen Möglichkeiten hin – wie der Mensch in die Lage versetzt wird, sein Denken und Begriffsleben so zu erneuern, dass Freiheit entstehen kann. Herbert Ludwig meint:

Unser Handeln ist nur dann frei zu nennen, wenn allein die Einsicht in eine klar im Bewusstsein stehende, von uns selbst produzierte moralische Idee das Bestimmende ist. Mit ihr liegen die Antriebe unseres Handelns nur in uns selbst.

Das ist ja richtig, hätte Herbert Ludwig nur den Lesern vorher gesagt, wie diese denn eine „moralische Idee“ in einem wirklich fruchtbaren Sinn „selbst produzieren“ können. Meinen die Politiker denn nicht auch, dass sie „moralische Ideen produzieren“, wenn sie irgendetwas von „westlichen Werten“ schwadronieren, die es dann in der Ukraine und gegen Russland zu verteidigen gelte? Es kommt doch wohl darauf an, wie diese Werte, diese moralischen Ideen produziert werden. Und da liefert Herbert Ludwig nichts, was aus dem alltäglichen moralischen Ideen-Sumpf der Politiker herausführen könnte. Herbert Ludwig schreibt:

Unser Handeln ist nur dann frei zu nennen, wenn allein die Einsicht in eine klar im Bewusstsein stehende, von uns selbst produzierte moralische Idee das Bestimmende ist. Mit ihr liegen die Antriebe unseres Handelns nur in uns selbst…. 

Nur ein Beispiel von so vielen: Wenn man zum Beispiel Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rita Süssmuth, ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit und ehemalige Präsidentin des Bundestages fragte, wenn man den ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Josef Maria Aznar fragte, wenn man Göran Persson, den ehemaligen Premierminister von Schweden oder den ehemaligen polnischen Präsidenten Aleksander Kwaśniewski und so weiter und so fort fragte, ob denn diese „Ideen“ –

die aber keine Ideen sind sondern nur ein Katalog von Forderungen, Vorstellungen und Maßnahmen zur Unterdrückung und Repression –

zum EUROPEAN FRAMEWORK NATIONAL STATUTE FOR THE PROMOTION OF TOLERANCE des European Council on Tolerance and Reconciliation (ECTR), für die sie zeichnen,

 

 

 

 

tatsächlich deren freiem Handeln entsprichen, und ob ihnen denn „klar im Bewusstsein“ stünde, welcher Art diese dort von ihnen allem Anschein nach „selbst produzierten moralischen Ideen“ sind, das heißt, ob sie denn wirklich hinter diesen Zielen des ECTR stehen, ob also wirklich die „Antriebe ihres Handelns“ nur in „ihnen selbst liegen“ – dann würden diese oben genannten Personen das natürlich alles bestätigen und dazu auch noch der Ansicht sein, sie täten etwas moralisch sehr Hochstehendes. Und vermutlich würden die genannten Personen – die ja nur exemplarisch für zigtausende andere „Führungspersönlichkeiten“ stehen – dabei noch nicht einmal lügen. So weit geht eben heute der Wahnsinn, der aus dem (dekadenten) Denken einer alten Zeit rührt – was aber gleichbedeutend damit ist, dass das Denken und die Fähigkeit, die Ideen zu bilden, heute immer mehr verloren geht.

 

Ganz offensichtlich kommt es also nicht darauf an, irgendwelche („moralischen“, „ethischen“ usw.) Gedanken zu haben, sondern überhaupt erst einmal ein neues Denken sich zu erarbeiten, da das alte Denken die Karre immer weiter in den Dreck fährt. Leider weist Herbert Ludwig aber weder auf diese Notwendigkeit hin noch gibt er dem Leser die Möglichkeit, sich dieses neue Denken zu erarbeiten. Ein wirklich freies Handeln und moralische Ideen sind eben nicht möglich, wenn man einfach nur auf das freie Handeln des zweiten Teiles der „Philosophie der Freiheit“ hinweist, sondern nur, wenn man darauf hinweist, was Rudolf Steiner im ersten Teil dieser „Philosophie der Freiheit“ als Grundlage der Freiheit in der Erarbeitung des reines Denken schildert und vollzieht – damit wir es nachvollziehen können. Sonst ist Freiheit nicht möglich und – bleibt ein leeres Wort.

Wer diese Dinge wahrnimmt – von denen das ECTR nur ein Beispiel – der könnte merken, dass heute letztlich ein Kampf um das Denken entbrannt ist, der immer schärfer werden wird. Wer das nicht sehen kann, verschläft die Signatur unserer Zeit. Und es ist höchst charakteristisch und bemerkenswert, dass ein (anthroposophischer?!) Autor auf diesen alles entscheidenden Punkt dieser ganzen Freiheitsdebatte – noch dazu in einem Artikel, der Rudolf Steiners „Philosophie der Freiheit“ zu Grundlage haben soll, er hat es ja nicht wirklich – diesen Punkt des reinen Denkens verschweigt. Ohne das reine Denken, das im ersten Teil der „Philosophie der Freiheit“ begründet wird, ist Freiheit unmöglich.

 

 

 

 

 

 

Teil 1) Warum nehmen so viele Menschen die Unfreiheit hin? – Wie lässt sich Freiheit wirklich begründen?

Teil 2) Die Triebfedern einer Handlung

Teil 3) Die Motive einer Handlung

Teil 4) Willkommen im anthroposophischen Absurdistan: Herbert Ludwig verschweigt dem Leser, wie er wirklich Freiheit begründen kann

Teil 5) Ohne das reine Denken, das im ersten Teil der „Philosophie der Freiheit“ begründet wird, ist Freiheit unmöglich

Teil 6) Nur mit einer „Wirklichkeit der Freiheit“ des zweiten Teiles der „Philosophie der Freiheit“ ergeben sich nur „zuchtlose Geister“ – Wirkliche Freiheit kann nur realisiert werden durch das reine Denken einer „Wissenschaft der Freiheit“ (des ersten Teiles der „Philosophie der Freiheit“)

Teil 7) Aber was ist und wie komme ich denn nun zum reinen Denken?

Teil 8) Eine weitere Möglichkeit, um dieses reine Denken zu üben

Teil 9) Ich weiß ganz gut, dass für die meisten Menschen dieses Thema des reinen Denkens als Grundlage der Freiheit eine Zumutung darstellt

 

 

 

 

 

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Willkommen im anthroposophischen Absurdistan: Herbert Ludwig verschweigt dem Leser, wie er wirklich Freiheit begründen kann wurde am 20.08.2015 unter Hide veröffentlicht.

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