Christoph Strawe zu den schwierigen Verhältnissen der Bewegung für die Soziale Dreigliederung des Jahres 1919

Unter der Zwischenüberschrift „Wachsender Widerstand“ schreibt Christoph Strawe:

Insgesamt verändert sich die politische Großwetterlage im Laufe der ersten Jahreshälfte 1919 immer mehr zuungunsten der fortschrittlich gesinnten Kräfte. Bereits im April hatten die Freikorps begonnen, die Münchner Räterepublik niederzuwerfen. Die reaktionären Kräfte, die zeitweilig den Kopf eingezogen und auf besseres Wetter gewartet hatten, witterten die Chance, die alte Ordnung zu restaurieren. Von dieser Seite, aber auch von mehrheitssozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsfunktionären, wurde die Dreigliederungsbewegung als radikal verteufelt. Funktionäre fürchteten um ihre Position und ihren Einfluss bei den Arbeitern. Revolutionäre dagegen beargwöhnten und bekämpften die Dreigliederung als Versuch der Herstellung eines illusionären „Klassenfriedens“. So musste sich der Bund für Dreigliederung zunehmender Angriffe erwehren. Zudem waren viele Mitarbeiter der Bewegung überfordert, manche setzten weniger auf die eigene Kraft, sondern richteten illusionäre Erwartungen auf die Parteien, an die sie die Dreigliederung bloß „herantragen“ wollten. Die Vorschläge R. Steiners wurden teilweise als rezepthaftes Programm missverstanden. Von großen Teilen der Anthroposophenschaft wurde die Kampagne nicht mitgetragen, sondern eher skeptisch und distanziert beobachtet. All diese Faktoren führten zu einer abnehmenden Aktivität auch bei vielen bisher Engagierten. So fand bereits am 14. Juni eine Versammlung der Arbeiterausschüsse vor praktisch leerem Saal statt. Auch die Wochenzeitung „Dreigliederung des sozialen Organismus“, deren erste Nummer im Juli erschien – Chefredakteur war Ernst Uehli – konnte diesen Trend nicht umkehren. 

Zwar werden die Anstrengungen zur Bildung von Betriebsräten noch weitergeführt – so erscheint am 29. Juli eine Sondernummer der Dreigliederungszeitschrift mit 50.000 Exemplaren zu dieser Thematik -, aber ohne durchschlagenden Erfolg. 

Insgesamt ist spätestens im September klar, dass der erhoffte Durchbruch nicht gelingen wird. Die Verhältnisse haben sich konsolidiert, die Weimarer Reichsverfassung ist in Kraft, und viele Fragen, bei denen vorher noch Gestaltung möglich schien, sind nicht mehr offen. 

So war es naheliegend, sich mehr auf einzelne „Mustereinrichtungen“ zu konzentrieren, von denen man hoffen konnte, dass sie beispielgebend im Sinne einer längerfristigen Transformation der Verhältnisse wirken würden, und einen Weg kleinerer schrittweiser Veränderungen zu beginnen. (Bei einem Studienabend am 3. März 1920 spricht Steiner klar von einer „Kursänderung“.) 

…   

Das Ende 

Bei einem großen Kongress Pfingsten 1922 in Wien, dem sogenannten West-Ost-Kongreß, setzt sich Rudolf Steiner noch einmal in der breiten Öffentlichkeit für den Dreigliederungsgedanken ein, doch muss er erkennen, dass die Bewegung zunächst gescheitert ist. Am 29. August 1922 wird das Thema letztmalig in einem Vortrag in Oxford behandelt, nachdem vorher noch – vom 24. Juli – 6. August 1922 – ein spezieller Kurs über Erneuerungsfragen der Wirtschaftswissenschaften stattgefunden hat. In ihm werden Schlussfolgerungen aus der Herausbildung einer Weltwirtschaft gezogen. Rudolf Steiner konzentriert seine Arbeitskraft nun ganz auf die Erneuerung einzelner Kulturgebiete (Kunst, Pädagogik, Religion, Medizin, Landwirtschaft).   …   

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Christoph Strawe zu den schwierigen Verhältnissen der Bewegung für die Soziale Dreigliederung des Jahres 1919 wurde am 19.06.2017 unter Hide veröffentlicht.

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