Rudolf Steiner zur Vorstellung: Wirklich sei nur die Wirtschaft, wirklich sei nur die ökonomische Struktur; alles andere sei nur Ideologie, Überbau, Fata Morgana

 

Aus Nummer 186 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 205:

Aber gerade diese Hilflosigkeit hat ja mitgewirkt zur Herbeiführung dieser Situation. Und es würde heute eine Feigheit sein, nicht darauf hinzuweisen, dass dasjenige, was die heutige, natürlich keine Autorität anbetende Menschheit sich vorsagen lässt auf diesem Gebiete, womit sie sich befriedigt erklärt, vielfach schuld ist an dem Chaos, in das wir hineingekommen sind. Diese Dinge sind so ernst, dass man sie wirklich auch in ihrer wahren Gestalt anfassen muss. Dann entsteht schon die Frage: Was wirkt noch tiefer in all diesen Dingen? Warum ist das alles so gekommen? Warum wirken solche schwankenden Vorstellungen auf einem der Menschheit wichtigsten Gebiete, wie ich Ihnen auseinandergesetzt habe? 

Betrachten wir eine solche Vorstellung, wie sie zwar illusionär, aber außerordentlich wirksam ist, betrachten wir die – meinetwillen – modifizierte marxistische Vorstellung, die im wesentlichen ja die Vorstellung der heutigen Professorenköpfe ist: Wirklich ist nur die Wirtschaft, wirklich ist nur die ökonomische Struktur; das andere ist alles ideologisch, Überbau, Fata Morgana, die sich darum herumentwickelt. Etwas höchst Merkwürdiges im Grunde: der absolute Unglaube an alles, was der Mensch als Geistiges produzieren kann aus all den Vorstellungen, die sich seit dem Heraufkommen des Zeitalters der Bewusstseinsseele entwickeln. Da macht sich das geltend, dass die Menschen immer mehr zu dem hingedrängt werden, was äußerlich bekannt ist, was äußerlich handgreiflich für die Sinne da ist. Das andere fliehen sie, meiden sie. Und unter diesem Fliehen, unter diesem Meiden haben sich nicht nur die sozialen Gedanken, sondern die sozialen Empfindungen und schließlich die sozialen Ereignisse in unserer Zeit herausgebildet, und werden sich weiter herausbilden, wenn nicht der Ruf nach einem wirklich geisteswissenschaftlichen Durchdringen dieser Tatsache gehört wird. 

Was liegt da zugrunde? Das liegt zugrunde, dass wir eben in das Zeitalter der Bewusstseinsseele eingetreten sind, dass wir seit dem fünfzehnten Jahrhundert darinnen sind, und dass diese Entwickelung innerhalb des Zeitalters der Bewusstseinsseele, dieses Hindrängen des Menschen nach der Erweckung der Bewusstseinsseele notwendig macht, dass sich der Mensch immer mehr und mehr einem Punkt seiner Entwickelung nähert, wo er eigentlich – aus «Kontra-Instinkten» heraus – fliehen will. Ein Wesentliches wird darinnen bestehen, dass der moderne Mensch diesen Fluchtinstinkt überwindet; er will fliehen vor etwas, in das er doch hinein muss. 

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Das ist sehr gesetzmäßig in der modernen Entwickelung des Menschen. Nehmen Sie das, was ich vorhin als äußerliche Charakteristik des modernen Strebens vorgeführt habe. Der Mensch strebt danach, zu erkennen, was er ist als Mensch, was er wert ist als Mensch, welche Kraft er hat, was seine Würde ist als Mensch. Der Mensch strebt danach, sich als Menschen selber anzuschauen, endlich zu einem Bilde seines eigenen Wesens zu kommen. Man kann nicht zu einem Bilde des Menschen kommen, wenn man innerhalb der Sinneswelt stehenbleiben will, denn der Mensch erschöpft sich nicht in der Sinneswelt, der Mensch ist nicht bloß ein sinnliches Wesen. In den Zeitaltern der instinktiven Entwickelung, wo man nicht nach einem Bilde des Menschen oder nach der Menschenwürde oder nach der Menschenkraft fragt, da kann man vorbeigehen an der Tatsache, dass, wenn man den Menschen erkennen will, man aus der Sinneswelt hinausgehen und in die geistige Welt hineinsehen muss, dass man mit der übersinnlichen Welt wenigstens in irgendeiner Form intellektuell in unserem Zeitalter des Bewusstseins Bekanntschaft machen muss. Da wirkt aber dann unbewusst dasselbe, was bewusst der zu Initiierende zu überwinden hat. Unbewusst wirkt zunächst noch in unseren Zeitgenossen und in den Menschen, deren soziale Gedanken ich Ihnen geschildert habe, diese Furcht vor dem Unbekannten, das betrachtet werden muss. 

Furcht, Mutlosigkeit, Feigheit, das ist es, wovon die moderne Menschheit beherrscht ist. Und wenn diese moderne Menschheit sagt: Wirtschaft ist das Handgreifliche, was alles bewirkt – so ist diese Anschauung dadurch entstanden, dass man sich fürchtet vor dem, was unsichtbar ist, was nicht handgreiflich ist. Dem will man sich nicht nähern, das will man vermeiden, das biegt man zur Ideologie, zur Fata Morgana um. Und man biegt es deshalb zur Ideologie, zur Fata Morgana um, weil man sich davor fürchtet. Ein Furcht-, ein Angstpunkt ist die moderne soziale Weltanschauung in bezug auf diejenigen Punkte, die ich Ihnen charakterisiert habe. Mögen manche Menschen, die sich innerhalb des Strebens dieser modernen sozialen Weltanschauung äußerlich noch so mutvoll zeigen, auf der einen Seite noch so couragiert sein – vor dem Spirituellen, das ihnen entgegentreten muss in irgendeiner Form, worin sie den Menschen kennenlernen wollen, vor dem haben sie Furcht, vor dem treten sie feig zurück. Ein Furchtprodukt, ein Angstprodukt, das ist es, was in den modernen sozialistischen Weltanschauungen zutage tritt. 

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Rudolf Steiner zur Vorstellung: Wirklich sei nur die Wirtschaft, wirklich sei nur die ökonomische Struktur; alles andere sei nur Ideologie, Überbau, Fata Morgana wurde am 06.01.2017 unter Hide veröffentlicht.

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