Anmerkungen zur Pressemitteilung des BÖLW zur Studie der Stiftung Warentest
von Ingo Hagel
Wie auf Umkreis-Online bereits berichtet, hatte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zu der Studie der Stiftung Warentest zur Qualität von ökologischen und konventionellen Produkten nicht viel Substanzielles beizutragen: Nicht direkt, sondern nur indirekt – das heißt über Umwelt- und Naturschutz – besäßen Lebensmittel aus ökologischem Anbau eine Gesundheitswirkung: Mit Blick auf die sekundären Pflanzenstoffe hatte die Stiftung Warentest in ihrem Bericht angemerkt (nachzulesen in der taz): „Dass Biolebensmittel mehr sekundäre Pflanzenstoffe enthielten, denen eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt wird, ließen die Tester nicht gelten. …. Die Mengen seien so gering, dass sie nicht für gesundheitliche Vorteile reichten, schreibt Test. „Wir haben sie daher nicht bewertet.““
Bereits in der erwähnten Pressemitteilung vom Mai 2010 hatte der BÖLW dazu gesagt: „Dass Bio-Produkte nach den Test-Ergebnissen im Durchschnitt keine höheren Gehalte an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen aufweisen, steht im Widerspruch zu europaweit angelegten Vergleichsstudien. So ist beim Vergleich von verschiedenen Produkten, wie ihn Stiftung Warentest vornimmt, der Einfluss von Sorte, Boden und Klima oft größer als die Bewirtschaftungsweise. Wird aber unter gleichen Bedingungen erzeugt, dann schneiden Bio-Produkte bei sekundären Inhaltsstoffen deutlich besser als konventionelle ab (Hervorhebung IH).“
Ich hielt dieses Argument für zu schwach, um überhaupt darauf einzugehen. Da nun aber auch die Naturkost-Zeitschrift Schrot & Korn in ihrer Juliausgabe 2010 meint, dieses hilflose Argument des BÖLW ihrer Leserschaft präsentieren zu müssen, sollen doch an dieser Stelle einige Worte dazu geäußert werden.
Sicher ist es von naturwissenschaftlichem Interesse, bestimmte Maßnahmen unter gleichen (sogenannten ceteris paribus) Bedingungen zu prüfen. So kann z.B. untersucht werden, wie sich eine ökologische und eine konventionelle Düngung (bzw. Anbau) unter gleichen Bedingungen (Sorte, Boden und Klima usw.) an einem Standort auf den Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen auswirkt. Aber was hat der Kunde davon, wenn sich eventuell (!! … natürlich wäre ein Hinweis des BÖLW interessant gewesen, welche „europaweit angelegten Vergleichsstudien“ er denn meint) auf einem Standort die sekundären Pflanzenstoffe bei ökologischer und konventioneller Produktion unterscheiden, da doch grundsätzlich die Produkte seines Einkauf von verschiedenen Standorten kommen – und daher sich hinsichtlich der sekundären Pflanzenstoffe nicht unterscheiden. In dieser spitzfindigen Argumentation des BÖLW liegt für den Kunden also kein Vorteil und keine Motivation für einen Kauf von Bioprodukten (s. Zu geringe Wertschätzung für Ökoprodukte I). Daher wird er Gemüse aus ökologischem Anbau weiter liegen lassen (s. Zu geringe Wertschätzung für Ökoprodukte II).
Es ist jedoch eine Tatsache, dass der Ertrag im Ökologischen Landbau (durch das Verbot vor allem der mineralischen Stickstoffdüngung) um gut ein Drittel niedriger liegt als unter konventionellen Anbauverhältnissen. Das unterscheidet Bio (noch) von konventionellen Produkten, und zwar nicht nur auf dem gleichen, sondern auf sehr vielen Standorten (aber die Frage ist: wie lange wird es diesen Unterschied, der bis jetzt Ökoprodukte vor den konventionellen auszeichnete, noch geben?)! Ich habe menschenkundliche Gesichtspunkte dazu bereits vor vielen Jahren in der Schrift „Warum Lebensmittel in Demeter-Qualität?“ dargestellt.
Aber mit diesem Qualitätskriterium muss man natürlich etwas anfangen können. Viele können und wollen das nicht, trauen einer intensivierten, weiteren, vertieften, lebendigeren Ideenbildung nichts zu – was natürlich heißt, dass sie ihrem eigenen Denken nicht mehr zutrauen, als in konventionell-naturwissenschaftlicher Manier die Außenwelt abzubilden und kausal (das heißt stoffbezogen, also materialistisch, nicht ideenbezogen) zu bearbeiten. Ich bezweifele, ob diese Art von Ökoforschung wirklich einen Innovationsmotor für eine zukunftsfähige Landbewirtschaftung darstellt, mag der Forschungsansatz noch so auf „eine nachhaltige Landwirtschaft“, „multisysytemar“, „transdiziplinär“ und „systemisch“ ausgerichtet sein.
Die Argumentation des BÖLW und der Naturkost-Zeitschrift Schrot & Korn jedenfalls zeigt, dass diese Vorgehens- und Denkweise, die vom Ökolandbau vollständig adaptiert worden ist, in Widersprüche und kraftlose Argumente hineinführt, die die Entwicklung des Ökologischen Landbau lähmen und diesen immer weiter konventionalisieren werden.
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