Rudolf Steiner: In Wahrheit sind die Wissenschaften alle atheistisch

 

GA 180 S. 215 

Friedrich Schlegel sprach natürlich über die Wissenschaftlichkeit und über das Staatsleben seiner Zeit, also des Jahres 1828. Aber man kann schon aus gewissen Gründen, die uns gleich nachher besser einleuchten werden als eben jetzt, auch die heutige Wissenschaft und das heutige Staatsleben so betrachten, wie Friedrich Schlegel sie 1828 betrachtet hat. Versuchen Sie heute einmal Anfragen zu stellen bei den Wissenschaften, die ja vorzugsweise heute im öffentlichen Leben Geltung haben, bei der Physik, der Chemie, der Biologie, der Nationalökonomie, auch bei der Staatswissenschaft, versuchen Sie bei ihnen anzufragen, ob irgendwo im Ernste der christliche Impuls drinnen ist. Man gesteht es nicht, aber in Wahrheit sind die Wissenschaften alle atheistisch; und die verschiedenen Kirchen versuchen, mit diesen atheistischen Wissenschaften ein gutes Auskommen zu haben, weil sie ja doch sich nicht stark genug fühlen, die Wissenschaft wirklich mit dem Prinzip des Christentums zu durchdringen. Daher die bequeme, billige Theorie, daß das religiöse Leben eben anderes erfordere als die äußere Wissenschaft, daß die äußere Wissenschaft sich halten müsse an das, was man beobachten kann, das religiöse Leben an das Gefühl. Beide sollen hübsch getrennt sein; die eine Richtung soll nicht in die andere hineinsprechen. Auf diese Weise kann man ja miteinander leben, das kann man schon, aber man führt solche Zustände herbei, wie es die gegenwärtigen sind. 

  


Rudolf Steiner: In Wahrheit sind die Wissenschaften alle atheistisch wurde am 15.08.2022 unter Anthroposophie, Hide veröffentlicht.

Schlagworte: