Verwandlungsfähiges Bewusstsein liegt den Menschen heute so fern wie damals die Erkenntnisse des Kopernikus

 

von Ingo Hagel 

 

Der Materialismus einer rein auf naturwissenschaftliche Erkenntnis und einer Beobachtung durch die Sinne aufgebauten Weltanschauung hat sich derartig verfestigt, dass man sich fragen kann, ob es unter diesen Bedingungen heute überhaupt Sinn macht, über Angelegenheiten eines „verwandlungsfähigen Bewusstseins“ – zum Beispiel Rudolf Steiners „Philosophie der Freiheit”, einfach so als „Grundzüge einer modernen Weltanschauung“ oder als Grundlage einer „anthroposophischen Geisteswissenschaft“zu sprechen:

Das Bekennen zu dem verwandlungsfähigen Bewusstsein und damit zu einer wahren Wirklichkeitsforschung liegt den Denkgewohnheiten der Gegenwart noch fern. Vielleicht ferner, als zu Kopernikus‘ Zeit den Menschen das physische Weltsystem dieses Denkers gelegen hat. Aber so wie dieses den Zugang zu den Menschenseelen durch alle Hemmnisse hindurch gefunden hat, so wird ihn auch die anthroposophische Geisteswissenschaft finden.

Immerhin hatte es die katholische Kirche damals fertiggebracht, Kopernikus‘ Buch auf ihren Index zu setzen, das heißt es zu verbieten, und jeden zu verfolgen, der sich mit dessen Ideen identifizierte. Erst 1835, also rund 300 Jahre später – und sicher nicht aus besserer Einsicht, sondern nur aufgrund des Erkenntnisdruckes von außen – gab sie Kopernikus‘ Buch zähneknirschend zur Lektüre frei. Heute sind die  Konstitutionen der Seelen so, dass man diese Dinge gar nicht mehr zu verbieten braucht – selbstverständlich tut man alles Mögliche, um sie nicht zu fördern – weil die „Denkgewohnheiten der Gegenwart“ einem Erfassen dieser Angelegenheit selber so erfolgreich im Wege stehen.

Das einzige, was einen daher – neben der eigenen Freude, an diesen Themen arbeiten zu dürfen – dazu bringen kann, dennoch diese Dinge, die den Menschen heute noch so fern liegen – „vielleicht ferner, als zu Kopernikus‘ Zeit den Menschen das physische Weltsystem dieses Denkers“ – zu behandeln, kann ja nur die Hoffnung sein, dass es neben den immer noch vielen Uninteressierten der heutigen Zeit – und das nicht 300 sondern „nur erst“ 130 Jahre nach Beginn des Wirkens Rudolf Steiners – doch einige wenige Menschen gibt, denen diese Dinge ein Anliegen sind.

 

Rudolf Steiner bemerkte damals zur Neuherausgabe seiner „Philosophie der Freiheit” im Jahre 1918 rückblickend, 

dass das Interesse und die Offenheit für Angelegenheiten wie diese oder den von ihm vertretenen Goetheanismus in den letzten Jahrzehnten derart war, dass er sich überall herauslanciert erlebte:

Als ich meine „Philosophie der Freiheit” hier vor acht Tagen besprochen habe, da habe ich versucht, Ihnen darzustellen, wie ich mit meinem Wirken eigentlich es dahin gebracht habe, überall herauslanciert zu werden. Sie erinnern sich wohl noch an dieses Herauslancieren auf den verschiedensten Gebieten. Ja, ich darf wohl sagen: Auch mit dem Goetheanismus darf ich mich von den verschiedensten Seiten her als herauslanciert betrachten, da, wo ich versucht habe in den letzten schweren Jahren, die Menschheit auf ihn hinzuweisen. Goetheanismus ist ja nun wirklich nicht, dass etwas über Goethe gesagt wird, sondern Goetheanismus kann es auch sein, wenn man sich die Frage aufwirft: Was geschieht am besten irgendwo an irgendeiner Stelle der Welt, jetzt, wo alle Völker der Welt miteinander raufen? – Aber auch da fühlte ich mich überall herauslanciert.

Nur mit großer Dankbarkeit kann man daher auf das unermüdliche Wirken Rudolf Steiners zurückblicken, der mit seinem Schaffen gegen alle Widerstände diese Ereignisse der Öffentlichkeit verfügbar machte, mit denen sich bis heute erkenntnishungrige Seelen ernähren können. Nicht auszudenken ist die Verwüstung der Seelen der letzten 130 Jahre, hätte Rudolf Steiner damals beschlossen, seine geistigen Erkenntnisse bei sich zu behalten.

 

Auch haben diejenigen nicht Recht, die gleichgültig die Schultern zucken und sagen: 

Nun ja, mit Kopernikus‘ Ideen hat es damals lange gedauert. Also darf es, bis diese Zumutung einer „Verwandlung des Bewusstseins“ über uns kommt, gerne auch noch etwas länger dauern. Warten wir also in aller Seelenruhe ab, bis die Wissenschaft irgendwann – wie sie es damals auch hinbekommen hat – uns nun auch zu dieser Bewusstseinserweiterung zwingen wird. 

Das Problem bei dieser Haltung ist, dass die Naturwissenschaft niemals aus sich heraus zu dieser Erweiterung und Verwandlung des Bewusstseins kommen kann, da sie aufgrund ihrer methodischen Erkenntnisgrundlage – der Bildung von Gedanken nur anhand und aufgrund von Sinneswahrnehmungen – sich selber den Weg zu dieser neuen Erkenntnis versperrt. Aus demselben Grund muss diese Wissenschaft auch alles, was zu einem solchen verwandlungsfähigen Bewusstsein hinführen kann, als nicht wissenschaftlich ansehen.

Diese heutige auf naturwissenschaftlicher Grundlage gegründete Wissenschaftshaltung trägt zwar so sehr den Kern alles wissenschaftlichen Erkennens in sich – er muss nur auf das Beobachten nicht-sinnlicher Tatsachen erweitert, also „verwandelt“ werden – dass Rudolf Steiner damals seiner „Philosophie der Freiheit” den Untertitel gab:

Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode 

Die heutige Naturwissenschaft kann sich daher gar nicht selbst reformieren, nicht, weil sie nicht die Keime und Fähigkeiten dazu in sich trüge, sondern weil sie auf einengenden und nicht mehr zeitgemäßen Prinzipien beharrt, was allein wissenschaftlich zulässig sei.

Das „verwandlungsfähige Bewusstsein“, von dem Rudolf Steiner oben spricht, ist ein solches, dass keine Objekte der Sinneswelt mehr in sich trägt, sondern sich zu dem entwickelt und auf dem begründet ist, was reines, sinnlichkeitsfreies Denken ist (siehe dazu zum Beispiel auch hier auf Umkreis-Online).

 

Daher müssen Themen wie das eines „verwandlungsfähigen Bewusstseins“ sowie einer „Philosophie der Freiheit” 

sowie alles, was damit zusammenhängt, aus einem Wissenschaftsbereich heraus angestoßen werden, den die heutige konventionelle Wissenschaft gar nicht als wissenschaftlich anerkennen kann. Alles Argumentieren hilft also nichts, weil es eben aus einem falschen und blinden Bewusstsein heraus geschieht, das die Dinge selbstverständlich nicht so sehen kann, wie sie sind.

Wie die Dinge wirklich sind, das kann man eben nur sehen und herausfinden, wenn man sich überwindet und dieses andere Bewusstsein in sich herstellt – oder sich wenigstens auf den Weg dazu begibt – allein das bringt schon eine ganze Menge an Einsicht. Einen anderen Beweis oder Gegenbeweis gibt es nicht, kann es nicht geben. Er ist so wenig gültig wie das Beteuern des Blinden vor Gericht, der nach dem Verkehrsunfall Stein und Bein schwört, dass es so etwas wie Grün, Gelb und Rot doch nicht gäbe.

 

 

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Verwandlungsfähiges Bewusstsein liegt den Menschen heute so fern wie damals die Erkenntnisse des Kopernikus wurde am 04.03.2017 unter Anthroposophisches veröffentlicht.

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