Entmündigung per Wahl – Noch nicht einmal ein Wahlboykott oder die Abgabe einer ungültigen Stimme kann etwas ausrichten – Wirkungsvoll wäre nur etwas anderes


von Ingo Hagel 

 

Wählen heißt sich entmündigen. Wählen heißt entsagen; indem man sich einen oder mehrere „Führer“ für eine kürzere oder längere Zeitperiode wählt, verzichtet man auf die eigene Souveränität. Ob er nun ein absoluter Monarch, ein konstitutioneller Prinz oder nur ein einfacher Mandatar ist.

so stand es gerade auf den MMNews zu lesen. Natürlich hat der Artikel recht, wenn er sagen will, dass der Wähler mit seiner Wahl und seinen Kreuzchen, die er auf dem Wahlzettel tätigt – und gezwungen ist, sich mit dieser Geste als politischer Analphabet darzustellen – für vier weitere Jahre sein Gehirn abgibt. Aber wenn der Leser nun zum Schluss käme, aufgrund der Verderbtheit des politischen Systems einfach nicht zur Wahl zu gehen, wäre dies nicht die richtige Entscheidung.

 

Ein Wahlboykott ist nicht der richtige Weg

Zwar erreichte aufgrund der Politikerverdrossenheit die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahl 2009 mit nur 72,2 Prozent einen historischen Tiefstand, mit großen Schwankungen zwischen 60,5 Prozent in Sachsen-Anhalt und 73,8 Prozent in Hessen.

Es ist verständlich, dass viele Menschen keiner der vorhandenen Parteien mehr ihre Stimme geben wollen. Manche denken daher, man könne durch einen Wahlboykott das Wahlergebnis beeinflussen. Dies trifft aber nicht zu. Denn diese Nicht-Wähler, die frustriert zu Hause bleiben, werden bei der Auszählung des Wahlergebnisses nicht berücksichtigt – beziehungsweise nur am Wahlabend als geringe Wahlbeteiligung zur Kenntnis genommen, und das war‘s schon – morgen schon vergessen. Daher fürchten die Regierenden – und die Nicht-Regierenden – nichts weniger als Quittung für deren schlechte Arbeit als einen Wahlboykott der Wähler – beziehungsweise eine geringe Wahlbeteiligung.

 

Auch die Abgabe ungültiger Stimmzettel wird durch die Rechentrickserei des Wahlgesetzes ausgehebelt!

Andere denken daher, statt eines Wahlboykotts würde die Abgabe ungültiger Stimmzettel die Wahl beeinflussen. Nehmen wir an, das Wahlergebnis sieht – bei angenommenen 0 Prozent ungültiger Stimmen – so aus:

CDU: 40 %

SPD: 30 %

GRÜNE: 15 %

LINKE: 10 %

FDP: 5 %

Macht zusammen 100 %.

 

Nehmen wir an, bei der nächsten Bundestagswahl würden aufgrund der für die Bürger miserablen Performance der Polit-Marionetten im Dienste von Goldman Sachs 50 Prozent ungültiger Stimmzettel abgegeben.

Nehmen wir also an, 50 Prozent der Bürger hätten der Propaganda von Merkel, Steinbrück und Trittin geglaubt und auf ordnungsgemäß ausgefüllten Stimmzettel so gewählt wie im obigen Rechenbeispiel auch. Die übrigen 50 Prozent der Bürger, die die Schnauze gestrichen voll haben von dem Polit- und Wahltheater, hätten sich trotzdem zum Wahllokal gewuchtet und ihre Wahlscheine alle mit japanischer Kaligraphie bekrakelt – dabei sind große japanische Tuschepinsel besonders eindrucksvoll, aber zur Not tut es natürlich ein in der Wahlkabine zur Verfügung liegender abgekauter Bleistift auch – und damit ungültig gemacht.

 

Man könnte mit gesundem Menschenverstand nun annehmen, diese ungültigen Stimmen – immerhin sind diese Menschen zur Wahl gegangen – würden nun einberechnet und das Wahlergebnis sähe nun so aus:

CDU: 20 %

SPD: 15 %

GRÜNE: 7,5 %

LINKE: 5 %

FDP: 2,5 %

Macht zusammen 50 %!

Damit könnten endlich diese ansonsten aufgemotzten Wahlergebnisse auf das zusammengeschrumpft werden, das sie in Wirklichkeit darstellen: die Größe eines gebrauchten Kondoms. Für die Politiker wäre das natürlich super peinlich, und Wahlen würden ihnen plötzlich so viel Vergnügen wie ein Koitus interruptus machen.

Daher hat man von dieser Seite her vorgebaut.

Tatsächlich hat die Abgabe einer ungültigen Stimme bei der Bundestagswahl keinen Einfluss auf das Wahlergebnis. Denn ungültige Stimmen werden behandelt, als wäre man nicht zur Wahl gegangen. „Die meisten Leute glauben, etwa durch vollgekritzelte Stimmzettel etwas zu bewegen. Das ist falsch“, sagt ein Sprecher aus dem Büro des Bundeswahlleiters.

Das wäre natürlich der Hammer, wenn zum Beispiel die große Volks- und Mutterpartei, die CDU/CSU plötzlich nur noch 20 Prozent der Stimmen aufweisen würde – was aber dann der Realität entspräche. Das wurde daher vom Wahlgesetz verhindert: Das Ergebnis der Wahl wird nämlich nur aus den abgegebenen gültigen Stimmen berechnet. Wer daher denkt, das Wahlergebnis beziehungsweise die auf die Parteien entfallenen Prozentzahlen repräsentierten 100 Prozent der Wähler, der irrt.

Dass tatsächlich der Prozentanteil der Parteien nur anhand der abgegebenen gültigen Stimmen berechnet wird, lässt sich anhand der Zahlen, die die Konrad Adenauer Stiftung zur letzten Bundestagswahl herausgab (S. 4), leicht nachrechnen:

 

 

 

Natürlich wird dieser Wahlbetrug auch auf Parteitagen veranstaltet

Auch dort wird das Ergebnis nur an den gültigen Stimmen berechnet.

Wie stets auf CSU-Parteitagen waren auch dieses Mal die Wahlergebnisse geschönt – mit Hilfe eines ganz einfachen Rechentricks.  …..  Denn diese Prozentzahl drückt nur den Anteil der Ja-Stimmen an den abgegebenen gültigen Stimmen aus. Dass 58 der insgesamt 830 sich an der Wahl beteiligenden Delegierten ungültige Stimmzettel abgaben – also leere, mit Gekritzel oder irgendwelchen Phantasienamen ausgefüllte -, wurde nicht berücksichtigt.

 

Vorletzte Möglichkeit?

Da also ungültige Stimmen lediglich bei der Wahlbeteiligung eine Rolle spielen – und ansonsten keinen direkten Einfluss auf das Wahlergebnis hat, „egal, ob ich meine Unterlagen zerreiße oder absichtlich ungültig wähle“, könnte noch eine vorletzte kleine Möglichkeit für den armen bundesdeutschen Protestwähler übrig bleiben (Hervorhebung IH):

Wirksamer sei es, kleine Parteien zu wählen, die nicht über die Fünfprozenthürde kommen dürften. „Das trifft die großen mehr.“ Dann gibt es unter Umständen weniger Geld für die etablierten Parteien aus den Mitteln der Wahlkampfkostenerstattung.

 

Etwas weniger Geld in der Parteikasse dürfte natürlich etwas weh tun, dürfte aber durch Spenden hilfsbereiter Unternehmer – mit oder ohne Aktenkoffer – leicht ausgeglichen werden. Aber an der Größe des Bundestages wird das nichts ändern. Zum Beispiel werden bei nur 50 Prozent Wahlbeteiligung beziehungsweise ungültiger Stimmzettel nicht auch nur 50 Prozent unserer Politdarsteller im Bundestag sitzen. Denn die Anzahl der Sitze im Bundestag ist eine fixe Größe und die Sitzverteilung der Parteien wird über einen anhand dieser Größe variabel zu gestaltenden Zuteilungsdivisor so berechnet, dass im Parlament immer volles Haus herrscht.

Auch wird ein solcher Vorgang nichts an der Sitzverteilung der Parteien ändern, da Stimmen für Parteien, die die 5-Prozent-Hürde nicht schaffen, unter den Tisch fallen für die Verteilung des Kuchens im Bundestag. Der Wille des Wählers wird also mal wieder missachtet.

 

 

Allerletzte Möglichkeit – Die Dinge selber in die Hand nehmen

Egal wie der Wähler es auch anstellt, diesem wird immer von unserem Parteiensystem eine lange Nase gedreht werden. Und aufgrund dieses betrügerischen Systems wird nur eines helfen, um dieser Facette des real existierenden Parlamentarismusbankrotts ein Ende zu bereiten: Eine neue Demokratie wird selber in die Hand genommen werden müssen:

Parlamentarismusbankrott: Hans Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des BDI, fordert daher „außerparlamentarische Opposition“

Einige Vorschläge dazu habe ich hier gemacht:

Klage gegen ESM beim Bundesverfassungsgericht – Interview mit Prof. Hankel: Beschämender Zustand unseres Parlamentarismus:

 

Vielmehr könnte ich mir vorstellen, dass sich aus der Gesellschaft heraus Arbeitsgruppen zu den verschiedenen Fachgebieten und Sachfragen bilden werden. Nicht in irgendwelchen Hinterzimmern wird die Linie einer Regierung von Wenigen ausgekungelt werden – damit sie dann, wie Prof. Hankel es als Aussagen vor dem höchsten deutschen Gericht wieder bestätigt, von den Parlamentariern abgenickt werden können – sondern es wird offen diskutiert werden über die Dinge – und zwar von allen, die an diesem Prozess teilnehmen. Teilnehmer einer solchen Gruppe könnte im Prinzip jeder werden, der in dieser Angelegenheit sachverständig ist beziehungsweise etwas beizutragen hat. Denkbar ist auch, dass die vielen regionalen Arbeitsgruppen (Bürgerinitiativen), die es jetzt schon zu den verschiedensten gesellschaftlichen Themen gibt, Delegierte zum Beispiel in Regional-, Landes- und Bundesgruppen entsenden.

Denkbar ist, dass es neben diesen Arbeitsgruppen zu den verschiedensten Sachfragen, einen ständigen Stab von Mitarbeitern gibt, der die Kontinuität Arbeitsfähigkeit dieses neuen Parlamentarismus gewährleistet, jedoch nur in rein bürokratischen Angelegenheiten, nicht mehr in inhaltlichen. Die inhaltliche, konkrete Arbeit wird von den Teilnehmern der verschiedenen Arbeitsgruppen geleistet. Diese würden einen fluktuierenden Charakter aufweisen: Ist ein Problem gelöst, löst sich auch die Arbeitsgruppe auf. Tauchen neue Fragen und Probleme auf, werden neue Arbeitsgruppen gebildet. Alle diese Gruppen werden Teil dieses neuen Parlamentarismus sein, der – anders als heute – wirklich aus den Menschen der Gesellschaft und ihren Bedürfnissen gespeist wird.

Die eine Gruppe – beziehungsweise der eine Parlamentarier – wird nicht in die Angelegenheiten einer anderen Fachgruppen hineinreden können. Ein Parlamentarier wird damit auch nicht mehr über sämtliche Fach- und Sachgebiete eines Staates beziehungsweise eines Volkes abstimmen können, sondern nur dort, wo ihn seine Lebens- und Sachkenntnis dazu berechtigt. Die heutigen Parlamentarier haben zu einer Stimmabgabe keine Berechtigung mehr, wie die obigen Aussagen Prof. Hankels  sowie viele andere Beispiele zeigen.

 

 

 

Hat Ihnen dieser Artikel etwas gegeben? Dann geben Sie doch etwas zurück und unterstützen Sie meine Arbeit hier auf Umkreis Online durch eine

Spende!

Das geht sehr einfach über einen Bankeinzug oder über PayPal.