Freiheit kommt von freiwillig?

 

von Ingo Hagel 

 

Freiheit kommt von freiwillig

Wirbt die Bundeswehr.

 

 

So wirbt heute Werbung gemacht. Jedenfalls haben solche Sprüche und Gedankenhaltungen, die in ihrer Klar-Wie-Kloßbrühe-Logik weit verbreitet sind, schwerwiegende Konsequenzen für die Freiheit –

beziehungsweise für die unfreien Lebensrealitäten der Menschen in den Gesellschaften –

also letztendlich für das eigene Leben. Denn man müsste natürlich fragen: Wenn „Freiheit“ von „freiwillig“ kommt, woher kommt dann „freiwillig„? Kommt es daher, dass ich ein Schlafschaf bin, das sowieso immer „freiwillig“ dem Mainstream hinterherrennt, der einem sagt, man solle dieses oder jenes tun, „freiwillig“ natürlich, weil das alle anderen auch tun, und weil das daher gut für einen ist?

Folge ich den Gedankenimpulsen der Anderen, weil ich eben ein Schlafschlaf bin, 

das überhaupt nicht in der Lage ist, eigene Impulse und Gedanken zu entwickeln, weil ich viel zu unsicher bin, diesen eigenen Impulsen und Gedanken einen Wert und eine Bedeutung für sich zuzuschreiben? Woher weiß ich denn –

wenn ich es nicht in der Tagesschau bei Claus Kleber oder bei Markus Lanz und so weiter und so fort gehört und gesehen habe –

dass mein Gedanke über den Meinungen der Anderen steht? Habe ich denn überhaupt eigene Gedanken, wenn ich sie nicht irgendwo von irgendwem Anderen aufnehme? Wie gewinne ich überhaupt Sicherheit in dem, was ich glaube, als Gedanken zu haben? Gedanken steigen auf – und vergehen wieder. Sie kommen wie Wellen aus einem unendlichen Meer heran, ich weiß nicht wie – und sie sind dann auch wieder weg. Wie soll ich dem irgendeine Bedeutung zumessen? Habe ich überhaupt irgendwelchen Anteil an diesen Gedanken, die da wie flüchtiger Schaum an den Strand meines Bewusstseins gespült werden – und sofort von dem Wind der „öffentlichen Meinung“ erdrückt und hinweggefegt werden?

Oder kommt „freiwillig“ daher, dass ich zu den Leuten gehöre, die „bei Corona“ mit Kindergarten-Mätzchen 

und Husch-Husch-Husch-ins-Körbchen-Ringelreihengesten und: Alle-machen-wir-die-Hände-über-den-Kopf zu beeinflussen und ins gemeinsame Körbchen zu lenken sind, wie es neulich in der FAZ –

also der Zeitung für Leistungsträger –

als großflächige „Wir bleiben zu Hause„-Anzeige der Bundesregierung abgebildet war? – Bild zum Vergrößern anklicken:

Oder kommt „freiwillig“ daher, dass man als Individuum geistig viel zu schwach ist, 

um außerhalb dieser Kindergarten-Gruppe zu existieren –

beziehungsweise weil man geistig überhaupt nicht die Substanz hat, um weder den Irrsinn, den bestehende egoistische Gruppen aus eigenen Interessen heraus zelebrieren, als solchen zu erkennen und zu entlarven –

noch sich gegen diese bestehenden Gruppen geistig zu wenden, mit deren Ansichten und Einstellungen man nicht übereinstimmt? Es wird sozial, menschlich und so weiter ja immer ziemlich eisig-einsam, wenn man sich mit seiner Meinung, seinem Urteil, seiner Erkenntnis – seinen Gedanken – von der Gruppe, der Masse, der Herde, dem gemütlichen Kollektiv, der „Solidarität“ und Sicherheit gebenden „überwältigenden Mehrheit“ abhebt. So viele Reklamen und soziales Nudging, so viele soziale mehr oder weniger unterschwellig-aufdringliche Aufforderungen appellieren heute an „die Gruppe“, an das „Wir-Gefühl“ –

überhaupt an Gefühle und nicht an das Denken –

appellieren an das „Team“, „Komm ins Team“, und eben nicht an das auf sich selbst gestellte Individuum – weil: das ist gefährlich.

 

Woher rührt überhaupt die Sicherheit, in dem Denken etwas so Selbstständiges, 

etwas so auf sich Beruhendes zu erleben, dass meine „Freiheit“ nicht mehr auf einem instinktiv auf die Gruppe gegründeten Wir-Gefühl beruht, sondern aus einem starken Ich-Erlebnis? Ist es möglich, dass ich freiwillig etwas tue, und zwar nicht mehr, weil mich die Notwendigkeiten der äußeren Welt oder meines eigenen Leibes in seinen Trieben, Leidenschaften und vorgefassten Denkschablonen zu etwas zwingen, sondern weil ich aus meinem erlebten Denken heraus den Gedankenzusammenhang einer Sache erkenne, so dass ich in dem von meinem Willen durchzogenen Denken der Schöpfer dieses Gedankenzusammenhanges bin. Was bedeutet: Dass ich diese Tat, die sich aus diesem von mir selbst erzeugten Begriff, diesem Ideenkomplex ergibt, liebe?

 

Rudolf Steiner hat in seiner „Philosophie der Freiheit“ diese Dinge sehr systematisch und phänomenologisch 

und Schritt für Schritt aufgerollt. Es fängt in diesem ersten Kapitel dieser „Philosophie der Freiheit“ relativ „harmlos“ mit der Frage an:

Ist der Mensch in seinem Denken und Handeln ein geistig freies Wesen oder steht er unter dem Zwange einer rein naturgesetzlichen ehernen Notwendigkeit? 

Anmerkung: Zu diesem ersten Kapitel habe ich ja neulich auch einen eigenen Beitrag geschrieben. –Ansonsten siehe zur „Philosophie der Freiheit“ auch hier auf Umkreis-Online diese Suchhilfe. –

Siehe dazu auch diesen so außerordentlich bedeutsamen Zusatz zum dritten Kapitel, den Rudolf Steiner zur Neuauflage seiner „Philosophie der Freiheit“ 1918 schrieb, in dem er auf Einwände –

und andere große Missverständnisse der Menschen überhaupt –

gegenüber seiner Freiheitsphilosophie hinsichtlich dem, was das Denken darstellt –

und was es ganz bestimmt nicht darstellt –

einging.

 

Damit aber wird der Mensch immer mehr aufgerufen, sich an ein rein Begriffliches, 

das heißt an ein sich nicht mehr an den Sinneseindrücken entlanghangelndes Denken zu gewöhnen –

das heißt zu erleben, dass dieses nicht Nichts ist, sondern dass das sehr wohl Etwas ist, und zwar etwas sehr Wichtiges und Reales, was der Mensch unbedingt braucht, um zur Freiheit zu kommen. –

Das ist eben die Bedingung und Grundlage zu einem wirklich freiwilligen und auf Liebe begründeten Handeln.

Und indem man sich ersteinmal an dieses Denken dieser „Philosophie der Freiheit“ nachdenkend anlehnen kann, bis man selber sinnlichkeitsfrei denken –

beziehungsweise diesbezüglich alleine und aufrecht gehen –

gelernt hat, bis zu diesem Zeitpunkt ist eben dieses Buch dieser wunderbare Knüppelpfad, auf dem ich mich in dieses Gebiet der sinnlichkeitsfreien Begriffe bewegen kann, das für die Leser doch erst einmal einen Sumpf bedeutet, in dem sie jeden Augenblick drohen, wirklich in ein bedeutungsloses Nichts zu versinken.

 

Damit ist diese „Philosophie der Freiheit“ aber auch der lebende Beweis, 

der natürlich in einem selbst verlebendigt und erst damit bewiesen, das heißt realisiert werden muss, dass es einen Geist gibt – denn man hat ihn dann ja selber erlebt.

Rudolf Steiner (GA 258 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 36, Hervorhebungen IH):

Wer will, wird eben die Grundprinzipien der Anthroposophie bereits finden in meiner «Philosophie der Freiheit». Ich will heute nur das eine hervorheben, das ist das, dass ja diese «Philosophie der Freiheit» zunächst überall mit einer inneren Notwendigkeit auf ein geistiges Reich hinweist, aus dem zum Beispiel die moralischen Impulse genommen werden. So dass also im Sinne der «Philosophie der Freiheit» nicht stehengeblieben werden kann bei der Sinneswelt, sondern fortgeschritten werden muss zu einem in sich begründeten geistigen Reiche. Dieses Bestehen eines geistigen Reiches bekommt ja noch die ganz andere konkrete Form, dass der Mensch in seinem innersten Wesen, wenn er sich seines innersten Wesens bewusst wird, nicht mit der Sinneswelt zusammenhängt, sondern in diesem innersten Wesen mit der geistigen Welt zusammenhängt. Diese zwei Dinge: erstens, dass es ein geistiges Reich gibt, zweitens, dass der Mensch mit dem innersten Ich seines Wesens mit diesem geistigen Reich zusammenhängt, sind ja die Fundamentalpunkte der «Philosophie der Freiheit». 

 

Das finden die Leute natürlich sehr misslich, weil sie sich dafür anstrengen müssen, 

während die gewöhnlichen Beweise der alles gesellschaftliche und soziale Leben durchziehenden Naturwissenschaft das vorhandene Baukastensystem des gewöhnlichen sinnlichen Denkens und Bewusstseins ausnutzen und sich darauf stützen können. Weil die Leute dabei passiv bleiben können, glauben sie:

Da ist etwas. Das hat Hand und Fuß. Das gibt mir Sicherheit. Das kenne ich. Weil ich dafür nichts tun muss, existiert das für sich.

Weil der Mensch bei dem Denken der „Philosophie der Freiheit“ nicht mehr passiv bleiben kann, sondern weil er anfangen muss, selber in seinem Denken schaffend und tätig zu sein und dieses zu erleben, glaubt er:

Da ist ja nichts.

 

Zwar reden die Menschen immer wieder etwas von Freiheit, 

meinen aber immer nur irgendeine äußere Freiheit, eine Freiheit von irgendetwas Äußerem – niemals meinen sie die innere Freiheit der „Philosophie der Freiheit“, die ja zuallererst die Freiheit von der eigenen Leibgebundenheit, das heißt die Freiheit von sich selbst ist.

Der Kampf um diese Dynamik der Gruppen und des geistig um Freiheit ringenden Individuums, das auf sich gestellt sein will, ist voll entbrannt, und – er wird auch auf fernste Zeit nicht aufhören. Und die Menschen werden sich entweder auf dem einen oder auf dem anderen Entwicklungszug bewegen müssen.

 

 

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Freiheit kommt von freiwillig? wurde am 21.04.2020 unter Zum Zeitgeschehen veröffentlicht.

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