Angesagt ist nicht mehr das Köln-Konzert von Keith Jarrett

 

 

von Ingo Hagel 

 

 

Angesagt ist nicht mehr das Köln-Konzert von Keith Jarrett –

mit dem ich allerdings nie etwas anfangen konnte, sondern es immer als das begleitende Pianogeplimper eines ziellosen Bürgertums erlebt habe, das sich aus den studentischen Wirren der 68er Jahre erhoben hatte, aber letztlich nach dem vielen sex, drugs and rock‘n roll nicht mehr wusste, wo es lang ging –

sondern die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht (siehe dazu die Einträge in „Zum Zeitgeschehen“ vom Januar Teil 1 und Teil 2).

Ich kenne so viele Leute, die Angst haben, und vor lauter Angst vor dem, was kommen wird in der Zukunft – das viele aber deutlich im Bauch spüren, der Kopf ist ja voller Bier, Rotwein und spießbürgerlicher Vorstellungen – sich überhaupt nicht mit dem beschäftigen wollen, was da ins Haus steht. Sie lehnen das einfach ab. Sie erfinden dafür alle möglichen Ausflüchte.

Zum Beispiel: Es habe immer politische Ups and Downs gegeben.

Und: Geht ein politisches System zugrunde, dann kommt ganz organisch und von selbst das nächste.

Und: Korruption und Misswirtschaft hat es auch in der Politik immer gegeben.

Und: So lange Artikel sind doch eine Unverschämtheit. Man hätte doch wirklich Wichtigeres zu tun.

Und: Selbstverständlich muss die Politik mit der Wirtschaft zusammenarbeiten – Es geht doch um unsere Arbeitsplätze!

Und: Ich höre von lieben Menschen, die meine Artikel an andere weitergeleitet haben, dass sie gebeten werden, das doch nicht mehr zu tun. Außerdem würde ich mich unangemessen ausdrücken.

Und im übrigen: Deutschland geht es gut – und so weiter und so fort.

Andere haben in ihrer Jugend zwar bis zum Umfallen „I can get no satisfaction“ gegrölt.

Der geistige Hunger später war jedoch so vornehm und zurückhaltend, dass er easy peasy durch die intellektuelle Masturbation mit einem Exemplar des Spiegels, der taz, der ZEIT oder durch die abendliche Ausstrahlung der Tagesschau befriedigt werden konnte.

Wieder Andere, die kein oder kaum Geld haben, schlafen natürlich in derselben Weise. Wenn ich mal versuche, mich mit ihnen über mehr als nur Smalltalk zu unterhalten, dann habe ich entsetzte aufgerissene Münder und Augen vor mir. Und mich erreicht die Bitte, diese Themen nicht noch einmal anzuschneiden. Die Leute verkraften das einfach nicht.

Noch Andere überlegen auszuwandern. Auch solche Menschen kenne ich, auch persönlich. Andere haben es bereits getan oder planen es. Gerade eben hat ja auch Oliver Janich noch einmal gesagt, dass er hier von Bord gehen wird (bei 14:33) – auch wenn das bei ihm nochmal andere Gründe haben dürfte, wie er sagt.
 

 

 

Yepp, es wird ungemütlich werden hier in Deutschland, aber das ist auch die einzige Chance, dass sich die Leute mit den Realitäten beschäftigen.

Denn sie wollen sich natürlich nicht damit beschäftigen. Die Leute fahren aber wochenlang zum Golfspielen nach Marokko, Tunesien, besuchen die chinesische Mauer, shoppen in Tokio und so weiter. Sie haben daneben überhaupt keine Ahnung, was hier gesellschaftlich in Deutschland, Europa und der Welt los ist – und wenn, dann ziehen sie die falschen Schlüsse daraus. Wenn das aber alles einfach so weitergehen würde hier in Deutschland, dann würde nichts passieren, und Deutschland wäre wirklich dem Untergang, nämlich dem geistigen Untergang geweiht.

Ein Lebewesen, das auch am Tag schläft, ist entweder eine Pflanze oder es ist krank. Diesmal allerdings nicht krank an den Kräften des Abbaus, die ja immer walten müssen, wenn die Seele am pflanzlichen Leib arbeitet und Bewusstsein erzeugt, sondern an denen des Aufbaus. Gesellschaftlich nennt man das Wohlstandskrankheit – oder Schwachsinn. Und um diese Krankheit zu heilen, wird es hier ein Aufwachen geben müssen – durch Abbau, und diesem gehen wir nun in immer schnelleren Schritten entgegen: Vieles andere und nun auch Köln ist das Startsignal dazu.

Vielen Dank an die Anglo-Amerikaner, und ihrem dazugehörigen Geheimdienstklüngel, der mit Bezug auf diese politischen Angelegenheiten überhaupt nicht so verschlafen ist wie das Völkchen hier in good old Europe oder Deutschland.

Anmerkung: Und auch das heutige Russland unter der Führung des bösen Putin –

eine Freundin neulich: der wäre ja ein solcher Machtmensch! (naja, die üblichen vom Fernsehen übernommenen Phrasen); ein anderer Freund hatte das Böse in Putin daran erkannt, dass dieser immer so breitbeinig im Sessel sitzt –

ist ganz und gar nicht verschlafen.

Deutschland ratzt seit weit über hundert Jahren tief und fest vor sich hin.

Danke auch an unsere dekadente Führungsklasse (siehe dazu hier und hier auf Umkreis-Online), dass Deutschland nun aus diesem gemütlichen Dornröschenschlaf, aus dem es gerne auch noch die nächsten anderthalb Jahrtausende nicht auftauchen würde, geweckt wird. Zwar ist es nicht ein Prinz, der gekommen ist – der ist schon vor über hundert Jahren gekommen, als die Zeit des Dornröschenschlafes eigentlich vorbei und abgelaufen war. Aber das Dornröschen hat auf seine liebevollen Küsse nicht reagiert, sondern hat sich die Decke über die Ohren gezogen und immer lauter weitergeschnarcht. Nun muss Dornröschen im falschen Film – ich meine im falschen Märchen – aufwachen, denn es ist – neben vielen anderen rechtsstaatlichen Neckereien – nicht die Alte mit der Spindel, sondern der böse Wolf, und dazu Einbrecher, von der Regierung und der Bevölkerung geduldete Wegelagerer, die an der Dornenrose Bett stehen:

Die Bundesregierung lässt absichtlich Gewalttäter ins Inland, die von außen bezahlt sind – und auf unterschiedliche Weise mit unterschiedlichen Geheimdiensten kooperieren.

Aber egal, man wacht – vielleicht – langsam auf. Wie sagte Christoph Hörstel gerade eben:

Jetzt werden die Deutschen etwas tun müssen, was für sie nach 70 Jahren Selbstverleugnung, Tiefschlaf und Gewohnheitsbeflissenheit richtig hart wird: Sie müssen aufwachen und an genau die Arbeit gehen, die sie am wenigsten mögen: Zivilcourage und Widerstand.

Das wird nicht leicht werden, denn die Gründe dieses Versagens liegen eben genau in dem, das Deutschland in den letzten Jahrzehnten als Exportweltmeister groß gemacht hat: Dass man nur an der Sinneswelt entlangdenken will. Das verhindert aber die Entwicklung jeder individuellen Kraft des Widerstandes im Menschen.

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Angesagt ist nicht mehr das Köln-Konzert von Keith Jarrett wurde am 12.01.2016 unter Allgemein veröffentlicht.

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