Rezension des Buches „Hartz IV und die Folgen – Auf dem Weg in eine andere Republik?“ von Christoph Butterwegge

 

Auf den Nachdenkseiten war zu lesen:

Rezension des Buches „Hartz IV und die Folgen – Auf dem Weg in eine andere Republik?“ von Christoph Butterwegge

Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge, der seit vielen Jahren intensiv über sozialpolitische Themen forscht und an der Universität zu Köln lehrt, lässt den Leser von vornherein nicht im Unklaren darüber, welche Haltung er zu der unter dem Stichwort „Hartz IV“ bekannten Sozialgesetzgebung einnimmt: „es [handelt] sich bei Hartz IV um ein zutiefst inhumanes System …, das Menschen entrechtet, erniedrigt und entmündigt. … [D]ie … Betroffenen … werden stigmatisiert, sozial ausgegrenzt und isoliert“, heißt es in der Einleitung des Buches (S.9). Der Autor informiert umfassend über Hintergründe und Zustandekommen von Hartz IV und, wie der Titel des Buches besagt, über die Folgen dieses Systems.

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An dieser sozialpolitischen wie ökonomischen Misere dürfte auch der mittlerweile auf Betreiben der SPD in der zweiten Großen Koalition beschlossene Mindestlohn nichts ändern. Denn, wie Christoph Butterwegge schreibt, „durch den zuletzt erfolgten Preisauftrieb bei Mieten, Energie und Nahrungsmitteln genügen 8,50 Euro im Jahr 2017 selbst bei Vollzeiterwerbstätigkeit nicht mehr zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums.“ (S. 199)

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Neben den individuellen Tragödien der direkt Betroffenen konstatiert Christoph Butterwegge einen Wandel des gesellschaftlichen Klimas: „Verschiedentlich als ein „Gesetz der Angst“ bezeichnet, bildet Hartz IV den sozialrechtlichen Humus einer Gesellschaft der Angst und macht die Bundesrepublik gleichzeitig zu einem Land, in welchem Teile der Mittelschicht durch Verachtung gegenüber sog. Randgruppen, sozialen Absteiger(inne)n und beruflichen Verlierer(inne)n ihre Furcht vor dem gleichen Schicksal zu bewältigen suchen.“ (S. 239). 

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„Hartz IV führt dem Niedriglohnsektor aufgrund der verschärften Zumutbarkeitsregeln und des enormen Sanktionsdrucks immer neuen Nachschub zu.“, schreibt Christoph Butterwegge auf Seite 231. Bringt der Leser diesen Satz mit der Passage zum Mindestlohn im vorherigen Kapitel (S. 199) in Verbindung, wo es heißt: „Die für Rekordexportüberschüsse der Bundesrepublik verantwortliche Strategie eines Lohndumpings auf Kosten anderer lässt sich also auch unter den neuen Gesetzesbestimmungen fortsetzen“, dann beginnt er zu ahnen, welches internationale Desaster durch Hartz IV angerichtet wurde und weiter angerichtet wird. Denn der Kern der Handelsungleichgewichte und damit der Eurokrise steckt genau im deutschen Lohndumping. 

 

 

 

 

 

 

 


Rezension des Buches „Hartz IV und die Folgen – Auf dem Weg in eine andere Republik?“ von Christoph Butterwegge wurde am 26.02.2015 unter Soziale Frage, Zum Zeitgeschehen veröffentlicht.

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