Ehe (für alle) und das Grundgesetz

 

von Ingo Hagel 

 

Ehe für alle: Die Verfassung wird verbogen

Die „Ehe für alle“ ist über Nacht zur Gretchenfrage nahezu aller Parteien mutiert: Wer nicht zustimmt, ist nicht koalitionsfähig. Dabei geht es gar nicht um Krieg und Frieden, sondern um das Schleifen eines Instituts, das nicht nur in den Köpfen vieler Menschen für die Verbindung von Mann und Frau steht. Davon geht auch das Grundgesetz aus.

Und:

Der Gesetzentwurf ist durch. Ein kleines Wörtchen der allmächtigen Kanzlerin bei Brigitte.tv genügte, um heute mit 393 von 623 Ja-Stimmen die Ehe für alle im Bundestag zu beschließen.

Wenn nicht im September die Bundestagswahl wäre, dann würde dieses Thema wohl nur in Juristenkreisen behandelt werden. Einfach deswegen, weil es kaum einen interessiert – wenn damit nicht auf verlogene Weise Wahlkampf betrieben werden könnte.

 

Auch weiß ich nicht, was Ihr da immer mit Eurem Grundgesetz habt? 

Wer, der nur halbwegs bei Verstand ist, glaubt denn nicht, dass das Grundgesetz immer weiter Stück um Stück verbogen, korrumpiert, gebrochen und „geschleift“ wird, bis davon nichts mehr übrig sein wird? Darüber kann man sehr jammern. Aber manchmal denke ich mir, dass die verdorbenen politischen Verhältnisse auf die krumme Tour das realisieren, was eine wirklich moderne Sozialauffassung (gemäß der Sozialen Dreigliederung, mehr dazu zum Beispiel hier und hier und hier – sowie an vielen anderen Stellen auf Umkreis-Online) ganz natürlicherweise auch tun würde: nämlich eine Aufhebung dieses alten, nicht mehr zeitgemäßen Grundgesetzes dieses alten Einheitsstaates.

 

Also nicht mehr ein Grundgesetz, sondern mindestens zwei Grundgesetze wären heute zeitgemäß

Nämlich eines für ein souveränes Wirtschaftsleben und eines für das eigentliche politische, das heißt Rechtsleben. Für das dritte Gebiet dieses sozialen Organismus, für das freie Geistesleben, wird es vermutlich genauso wenig ein Grundgesetz zu geben brauchen, wie es dort ein Ministerium oder Parlament brauchen wird, weil die Menschen aufgrund ihrer geistigen Freiheit – idealerweise, aber das wäre ja eben das Arbeitsgebiet dieses sozialen Gliedes: Ideen – auch ohne Gesetze zu einer Verträglichkeit und zu einem Verständnis kommen werden, weil Sie diese geistigen Gesetze zu jedem Zeitpunkt in sich selber finden würden:

Auf dem Gebiete des geistigen Lebens, zu dem eben die Jurisprudenz gehört, wird sich ja nicht so etwas herausstellen, wenn es wirklich einmal durchgeführt würde, wie ein Ministerium oder Parlament, sondern etwas viel freieres; es wird die Struktur ganz anders verlaufen. 

Und so werden die Menschen immer weiter etwas noch viel Schlimmeres als den alten Einheitsstaat mit seinem „guten, lieben Grundgesetz“ bekommen, weil sie nicht in der Lage sind, aus Freiheit und Einsicht eine Dreigliederung des sozialen Organismus durchzuführen.

 

Wofür soll es noch einen besonderen Schutz der  heterosexuellen Ehe geben, 

wenn das Kinderkriegen von den heutigen Eheleuten bereits so weit reduziert worden ist, dass man im Internet schon haufenweise Beiträge zu der Frage gibt, dass die Deutschen mit dieser niedrigen Reproduktionsrate bald einfach aussterben werden. Dieses Problem wird nicht dadurch gelöst werden, dass man den Schwulen eine Heirat verbietet. Selbstverständlich wird es dadurch auch nicht gelöst werden können.

Wofür soll diese Institution der Ehe noch gefördert werden, wenn man doch vielleicht erst mal auf sozialem Gebiet so viel an Regelungen auf den Weg bringen müsste, um erstmal die finanziellen Grundlagen für das Aufziehen von Kindern zu sichern. Jeder kann heute wissen, dass diejenigen, die Kinder aufziehen, finanziell gegenüber denen, die es nicht tun, benachteiligt sind. Und – wie gesagt – die Leute richten sich danach. Lese ich darüber anlässlich dieser Diskussion etwas? Nein.

 

Heiliges Sakrament? Ehe eine Ruine?

Andere Seiten führen an, dass die Ehe „ein heiliges Sakrament“ sei. Ich bin mir nicht sicher, ob man viele Eheleute heute auf diesen besonderen Nuance ihres Zusammenlebens ansprechen dürfte. Ich glaube, man braucht nicht hoffen, dass da viel Substanzielles an Beiträgen kommt.

Und man könnte sich natürlich auch lange darüber unterhalten, inwiefern die Ehe – aus den verschiedensten Gründen – doch schon heute eine Ruine ist. Da braucht sie nicht mehr von irgendeinem schwachsinnigen Bundestag und deren machtgierigen Parteien – rein aus wahltaktischen Gründen – einer weiteren Phasen ihres Zusammenbruchs zugeführt werden. 2012 war es noch so, dass jede zweite Ehe nach ein paar Jahren geschieden wurde.   Auch wenn diese Quote bis zum Jahre 2015 auf 40 % gesunken ist, kann man wohl nicht von einem Erfolgsmodell der Ehe sprechen. Die Leute heiraten halt immer weniger: 1990 gab es 516.388 Eheschließungen, 2013 waren es nur noch 373.655.

 

Sehr viel wichtiger wäre es, durch eine Neuordnung der gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse 

den Menschen zum Beispiel zu ermöglichen, sich soweit selber als Individualität gefunden zu haben, wenn die Zeit der Ehe naht, dass ein verständnis- und liebevolles Zusammenleben möglich ist. Der Mensch muss sich erst einmal selber erfassen und mit sich selber auskommen lernen, bevor er losgelassen wird auf ein lebenslanges – so sagt es doch eigentlich das Sakrament der Ehe – Zusammenleben mit einem anderen Menschen. Wie soll er den anderen verstehen, wenn er sich selber nicht versteht?

Auch wäre es sicherlich von Vorteil, nicht nur in der Ehe, sondern auch im sonstigen sozialen Zusammenleben der Menschen die Gründe und sozialen Fähigkeiten für eine Verträglichkeit der Menschen in diesen zu veranlagen. Dazu braucht es natürlich eine andere Erziehung, Ausbildung und so weiter, als es heute der Fall ist. Solange der Mensch als Mechanismus (die Gene machen alles) beziehungsweise bestenfalls ein höheres Tier (die Gene machen alles) angesehen wird, sind alle ethischen Bemühungen vergeblich.

Nur mit solchen naturwissenschaftlichen Begriffen, nur mit diesem „Wrack einer nur mit natürlichen Kräften genährten Weltanschauung“ ist es sehr schwer oder kaum möglich, in dieser Welt wirkliche Liebe – also nicht Triebe, die schenkt einem ja der Leib – zu entwickeln. Und es darf vielleicht doch hier auf ein Wort Rudolf Steiners aufmerksam gemacht werden, dass geisteswissenschaftliche Begriffe, also Anthroposophie, das Heizmaterial der Seele für die Liebe sind. Geisteswissenschaft ist also für das Leben „die große Schule der Liebe“.

Diese ganze Ehe- und Grundgesetz-Diskussionen sind daher doch recht verlogen. Und ich bin sicher, wenn die Bundestagswahl vorbei ist, wird sich kaum einer mehr darum kümmern. Was natürlich nicht heißt, dass die ganzen Probleme, die damit zusammen hängen, dann nicht mehr vorhanden sein werden.

 

 

 

 

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Ehe (für alle) und das Grundgesetz wurde am 30.06.2017 unter Zum Zeitgeschehen veröffentlicht.

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