Zum 70. Geburtstag des Philosophen Peter Sloterdijk gab es im „New Yorker“ einen langen Artikel 

 

von Ingo Hagel 

 

Zum 70. Geburtstag des Philosophen Peter Sloterdijk gab es im „New Yorker“ einen langen Artikel. In diesem gab es eine interessante Stelle, die ich hier mal übersetze, denn die Leute, die – wie beschrieben – gerne zu den sozialen Verhältnissen von vor der französischen Revolution (1789) zurückkehren wollen, scheinen doch gar nicht so selten zu sein:

Die meisten Deutschen denken an das Gesundheitssystem, die Erziehung und andere grundsätzliche Dienste als Rechte, nicht Privilegien, aber die FDP argumentierte, dass das Sozialsystem des Landes mittlerweile hypertrophiert ist, eine Ansicht sehr nahe an der von Sloterdijk. „Es schafft einen doppelten Strom der Verbitterung,“ sagte er.  „Da gibt es diese Leute, die Geld machen, und die keine Dankbarkeit fühlen für all das Geld, das sie als Steuern bezahlen. Dann sind da diese Leute, die dieses Geld empfangen. Auch sie fühlen Verbitterung. Sie würden gerne die Plätze tauschen mit den Reichen, die ihnen das Geld geben. So fühlen sich beide Seiten bitter betrogen und sind zornig.“ Sloterdijk argumentiert, dass die Besteuerung ersetzt werden sollte durch ein System, in welchem die reichsten Mitglieder freiwillig für große bürgerliche und künstlerische Arbeiten spenden. Er glaubt, dass diese Art eines sozialen Netzes von glücklichen Spendern und Empfängern existierte bis ungefähr zum Ende der Renaissance, aber dann ausgelöscht worden ist durch das Aufkommen des europäischen Staates. Er begeistert sich über die Fülle an menschenfreundlichen Modellen, die aus dem Silicon Valley kommen und sieht in diesen attraktive Vorlagen für die Zukunft. 

Anmerkung: Peter Sloterdijk vermischt hier – als Philosoph – in fahrlässiger und gefährlicher Weise zwei Bereiche. Man muss doch unterscheiden zwischen den Geldern, die für den Schutz der arbeitslosen, kranken, invaliden, arbeitsunfähigen, und so weiter Menschen im Sozialsystem ausgegeben werden, und die vom Rechtsstaat einfach als Steuern erhoben werden. Auf der anderen Seite gibt es die Gelder, die für das freie Geistesleben benötigt werden. Sie bestehen aus den von ihm genannten freiwilligen Spenden. – Da das aber ein eigener langer Artikel werden würde, der nicht in das hier angesprochene Thema hineingehört, dessen Aspekte ich auch bereits an vielen anderen Stellen hier auf Umkreis-Online zu Fragen der Sozialen Dreigliederung (mehr dazu zum Beispiel hier und hier und hier – sowie an vielen anderen Stellen auf Umkreis-Online) sowie zu einer Finanzierung des freien Geisteslebens behandelt habe, belasse ich es bei diesem Hinweis.

Man könnte Sloterdijks Meinungen (siehe dazu auch hier auf Umkreis-Online) daher also einfach links liegen lassen, wenn er nicht so viel Einfluss besäße, dass er zu seinem 70. Geburtstag ein Schreiben von der Kanzlerin bekommen würde, das „seine Beiträge zur deutschen Kultur“ lobt, und wenn er sich nach dem obigen Interview im „New Yorker“ nicht mit Deutschlands „derzeitigem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier“ treffen würde, um vielleicht auch mit diesem

diese Art eines sozialen Netzes von glücklichen Spendern und Empfängern 

zu erörtern, das

bis ungefähr zum Ende der Renaissance, 

existierte

aber dann ausgelöscht worden ist durch das Aufkommen des europäischen Staates. 

Da Sloterdijk also mit „seinen Beiträgen zur deutschen Kultur“, die mit Blick auf das soziale Leben der Menschen bis in die Renaissance zurückreichen, vom einfachen Volk bis in höchste administrative Positionen hohes Ansehen genießt, ist es vielleicht doch angebracht, zu seinen sozialen Vorstellungen ein paar Worte zu verlieren und sie ins rechte Licht zu rücken.

 

Erinnern wir uns:

In diesem Artikel wies ich darauf hin, dass es eine politische Richtung gibt, die die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse in lange zurückliegende Zeiten zurückschrauben möchte:

Die Macher der anglo-amerikanischen Sache sind die Träger einer Strömung, die ihre Wurzeln in den Impulsen hat, die vor (!; Anmerkung IH) der französischen Revolution liegen und in der Realisierung einer Welt-Herrschaft mit Kapitalistenmitteln bestehe, die sich nur der Revolutions-Impulse als Phrase bedient, um sich dahinter zu verstecken …  

Von dieser Strömung erhielt nicht nur die –

mit der Hilfe von ein paar wenigen sozialdemokratischen Parteimitgliedern bald zum vierten Male zur selbigen gesalbte

deutsche Kanzlerin –

man darf annehmen: für besondere Verdienste –

eine „Freiheitsmedaille“ genannte –

und selbst für deutsche  transatlantische Verhältnisse ziemlich revolutionäre –

Auszeichnung.

Zu dieser Strömung scheint sich auch Peter Sloterdijk zu bekennen, indem er seine Bewunderung für die oben angeführten glücklichen Zeiten Ausdruck verleiht, die aber leider mit dem Ende der Renaissance –

und (meine Vermutung): mit dem Aufdämmern des wuchernden deutschen Sozialstaates am Horizont –

zu Ende gegangen sind.

 

Wie bereits beschrieben, sprach Rudolf Steiner davon, dass 

sich dieses rückschrittliche

„im Westen verankerte Prinzip des 18., 17., 16. Jahrhunderts“

einer Maske bedient, indem

es sich gerade umkleidet mit den Phrasen der Revolution, mit den Phrasen der Demokratie, das diese Maske annimmt und die Bestrebung hat, auf diesem Wege möglichst viel Macht zu erlangen.

Zu dieser Maske und zu den „Phrasen der Demokratie“ beziehungsweise den Phrasen einer Anspielung auf alte herrschaftlich-aristokratische Verhältnisse gehören auch die verbalen Versatzstücke, die Peter Sloterdijk in seiner Laudatio auf Götz Werner hielt:

Das bedingungslose Grundeinkommen als eine Idee, «mit dessen Hilfe die moderne Gesellschaft das ancien régime (Hervorhebung IH) des Mangels und der künstlich erzeugten Knappheiten hinter sich lassen sollte.» 

Das Ancien Régime

bezeichnet ursprünglich und im engeren Sinne die Regierungsform der Bourbonen in Frankreich; im weiteren Sinn die Frühe Neuzeit in ganz Europa vor der Französischen Revolution von 1789 bzw. vor den Napoleonischen Kriegen. Oftmals steht der Begriff stellvertretend für den Absolutismus.

 

Einfaltspinsel werden sich in ihren „revolutionären Bestrebungen“ sicher von höchster Stelle sehr bestärkt fühlen, 

wenn „Philosophen“ wie Peter Sloterdijk –

der nicht bekannt ist für eine einzige große These, sondern für eine granatenartige Explosion von impressionistischen Prägungen …  

anspielt auf das alte Regime von vor der französischen Revolution,

das ancien régime des Mangels und der künstlich erzeugten Knappheiten

und dieses hinter sich lassen will, und noch dazu durch das besinnungslose Grundeinkommen (siehe dazu auch hier).

Ist Peters Sloterdijk wirklich so borniert, dass er sich nach einem

sozialen Netz von glücklichen Spendern und Empfängern

zurücksehnt, das

bis ungefähr zum Ende der Renaissance

existierte? Oder wurde er nur instrumentalisiert von irgendwelchen Einflüsterern, die hinter ihm stehen, so dass er gar nicht merkt, was für Botschaften er da in die Welt sendet – die aber sehr wohl in dieser Welt wirken – und mit welchen Machenschaften diese zusammenhängen? Sloterdijk muss ja nicht unbedingt von den Hintergründen dieser Worthülsen, die er fallenlässt, wissen. Oft hat Rudolf Steiner darauf aufmerksam gemacht, dass diese Dinge von den Wissenden und Initiatoren dieser Strömungen an die Menschen, die die politische Agenda dann in den verschiedenen Phrasen in der Öffentlichkeit verbreiten, herangebracht werden, so dass diese keine blasse Ahnung haben von dem, wofür sie Werkzeuge sind.

 

 

Zu 1789 siehe hier.

 

 

 

 

 

 

 

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Zum 70. Geburtstag des Philosophen Peter Sloterdijk gab es im „New Yorker“ einen langen Artikel  wurde am 05.03.2018 unter Zum Zeitgeschehen veröffentlicht.

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