Über die Beziehung von Rudolf Steiners „Philosophie der Freiheit“ zu einer realen übersinnlichen Forschung

von Ingo Hagel 

Hier in diesem Vortrag spricht Rudolf Steiner über die Verbindung und Beziehung seiner „Philosophie der Freiheit“ zu einer realen übersinnlichen Forschung, das heißt zu seinem Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“: 

Den Zusammenhang zwischen dem übersinnlich reinen Denken und der Freiheit darzulegen, das machte ich mir dazumal zur Aufgabe. Man kann nun dabei stehenbleiben, einen solchen Gedankengang bloß theoretisch zu verfolgen. Wenn man aber einen solchen Gedankengang nicht bloß theoretisch verfolgt, sondern wenn er einem Erfüllung des ganzen Lebens wird, wenn man in ihm geradezu eine Offenbarung der menschlichen Natur selber sieht, dann verfolgt man ihn nicht bloß theoretisch weiter, dann verfolgt man ihn praktisch weiter. 

Dann aber, wenn man den Vorgang kennt, durch den man zu solchem reinen Denken kommt, kann durch das, was wahre tiefergehende Philosophie gibt, etwas ausgebildet werden, was ich dann in der verschiedensten Weise als Erkenntnismethode für die höheren Welten dargestellt habe in meinem Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ und in meiner „Geheimwissenschaft“.

 

Rudolf Steiner sagt damit nichts anderes, als dass es möglich ist, 

wenn man seine „Philosophie der Freiheit“ gelesen hat –  

Wer nun meine „Philosophie der Freiheit“ durchliest, wird finden, wie diese Wege zur Ergründung der Natur des menschlichen Denkens gesucht worden sind. –

durch eine solche 

wahre tiefergehende Philosophie 

das an übersinnlicher Erkenntnismethode zu entwickeln, was er dann später dargestellt hat:

was ich dann in der verschiedensten Weise als Erkenntnismethode für die höheren Welten dargestellt habe in meinem Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ und in meiner „Geheimwissenschaft“.

 

Dazu müssen allerdings bestimmte geistige Voraussetzungen erfüllt sein. 

Dazu gehört zum Beispiel, dass man

in den höchsten Äußerungen dieses Denkens etwas sieht, das sich unabhängig von unserer Körperlichkeit, von unserer leiblichen Organisation vollzieht.

Dazu gehört auch, dass sich einem

durch diese „Philosophie der Freiheit“ nichts Geringeres ergeben hat als die übersinnliche Natur des menschlichen Denkens.

 

Wenn der Mensch also durch dieses Studium der „Philosophie der Freiheit“ durchgedrungen ist 

bis zu der Erkenntnis, dass er

im gewöhnlichsten Alltagsleben, wenn er sich nur erhebt zum wirklichen Denken, durch das er durch nichts anderes als durch die Motive des Denkens selbst bestimmt wird, dass er dann ein übersinnliches Element in diesem Denken vor sich hat. 

und

dass schon das reine Denken etwas ist, was im Menschen vollzogen wird, ohne dass die Leibesorganisation daran Anteil hat.

und wenn der Mensch auf diesem Wege

den Zusammenhang zwischen dem übersinnlich reinen Denken und der Freiheit

dieses Denken im Sinne der „Philosophie der Freiheit“ richtig erfasst hat, und nicht dabei stehenbleibt, dieses Denken erst mal nur mit dem Kopf „theoretisch“ zu erfassen –   

Wenn man aber einen solchen Gedankengang nicht bloß theoretisch verfolgt … 

was man ja durchaus kann, es soll gar nichts dagegen gesagt werden, denn es gehören schon einige Voraussetzungen dazu, nun innerlich die Notwendigkeit und den Hunger zu erleben, aus einem mehr theoretischen Erfassen dieser Freiheitsidee, die – wie gesagt – in einem übersinnlichen Element verläuft, zu einem realen Erfassen dieses übersinnlichen Elementes zu kommen –

wenn man also diesen Gedankengang der Freiheit nicht bloß theoretisch verfolgt,

sondern wenn er einem Erfüllung des ganzen Lebens wird, wenn man in ihm geradezu eine Offenbarung der menschlichen Natur selber sieht, dann verfolgt man ihn nicht bloß theoretisch weiter, dann verfolgt man ihn praktisch weiter. Was ist dieses praktische Weiterverfolgen? Nun, man lernt erkennen hat man einmal die übersinnliche Natur des Denkens erfasst -, dass der Mensch imstande ist, sich in einer gewissen Betätigung unabhängig von seiner Leibesorganisation zu machen. Man kann nun den Versuch anstellen, ob der Mensch außer dem reinen Denken noch fähig ist, eine solche Tätigkeit zu entfalten, welche nach dem Muster dieses reinen Denkens ist.

wenn man also 

den Vorgang kennt, durch den man zu solchem reinen Denken kommt, 

dann

kann durch das, was wahre tiefergehende Philosophie gibt, etwas ausgebildet werden, was ich dann in der verschiedensten Weise als Erkenntnismethode für die höheren Welten dargestellt habe in meinem Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ und in meiner „Geheimwissenschaft“.

 

Das Ganze gehört auch hinein zu dem bereits besprochenen Thema, 

dass man sich durch die „Philosophie der Freiheit“ in diesen Zustand versetzen kann, seinen inneren ätherischen Menschen abzutasten: 

Kommt man aber dazu, dieses eben charakterisierte Denk-Erlebnis zu haben, dann ergreift man nicht die Welt; man hockt auch, möchte ich sagen, nicht in seinem Ichpunkte bloß drinnen, sondern es passiert etwas ganz anderes. Man bekommt das Gefühl, das ganz richtige Gefühlserlebnis, daß man mit seinem Denken, das eigentlich nicht an irgendeinem Orte ist, nach dem Innern alles erfaßt. Man fühlt: man tastet den inneren Menschen ab. So wie man mit dem gewöhnlichen Denken, ich möchte sagen, geistige Fühlfäden nach außen streckt, so streckt man mit seinem Denken, mit diesem Denken, das in sich selbst sich erlebt, fortwährend sich in sich selber hinein. Man wird Objekt, man wird sich Gegenstand. 

 

Damit ist man dann allerdings noch einmal an dem Punkt, 

der bereits in diesem Artikel besprochen worden ist: an einem „künstlerischen Erfassen“ der Welt, das ja nichts anderes ist, als ein inneres Erleben der lebendigen Gesetzmäßigkeiten – beziehungsweise der ätherischen Vorgänge der Welt und in einem selber.   

Und deshalb steht in dieser «Philosophie der Freiheit» der Satz: In dem Denken ergreift man das Weltgeheimnis an einem Zipfel. Es ist vielleicht einfach ausgedrückt, aber es ist so gemeint, daß man gar nicht anders kann, wenn man das Denken wirklich erlebt, daß man sich fühlt nicht mehr außer dem Weltgeheimnis, sondern im Weltgeheimnis drinnen, daß man sich fühlt nicht mehr außerhalb des Göttlichen, sondern im Göttlichen. Erfaßt man das Denken in sich, so erfaßt man das Göttliche in sich. 

Diesen Punkt konnte man nicht erfassen. Denn erfaßt man ihn wirklich, hat man sich Mühe gegeben, das Denk-Erlebnis zu haben, dann steht man eben nicht mehr in der Welt drinnen, in der man vorher drinnen gestanden hat, sondern man steht in der ätherischen Welt drinnen. 

 

Und dann gehört zu diesem Thema natürlich noch das hinzu, 

dass Rudolf Steiner sagte, dass wenn man so das reine Denken – zum Beispiel der „Philosophie der Freiheit“ – erfasst, dass einem dann das Hellsehen nichts Wunderbares mehr ist (GA 217 S. 125)::  

In dem, was ich anthroposophische Geisteswissenschaft nenne, schon in meinem Vorwort zu der «Philosophie der Freiheit», tritt Ihnen etwas entgegen, was Sie nicht erfassen können, wenn Sie sich nur jenem passiven Denken hingeben, das man heute besonders liebt, jenem gottverlassenen Denken, dem sich die meisten Menschen hingeben, und das schon im vorigen Leben gottverlassen war; sondern Sie können es nur erfassen, wenn Sie in Freiheit den inneren Impuls entwickeln, Aktivität in das Denken hineinzubringen. Sie kommen eben mit demjenigen, was in der Geisteswissenschaft lebt, nicht mit, wenn nicht jener Funke, jener Blitz hineinschlägt, durch den das Denken voller Aktivität wird. Durch diese Aktivität müssen wir uns auch wieder die Göttlichkeit des Denkens erobern. 

Da ist die anthroposophische Literatur und macht Anspruch darauf, daß man aktiv denken soll. Die meisten können nur passiv denken und meinen, aktiv zu denken sei nicht möglich. Es läßt sich dabei weder schlafen noch intellektualistisch träumen. Man muß mit, man muß das Denken in Bewegung setzen; in dem Augenblicke, wo man das tut, kommt man mit. Da hört auf dasjenige, was ich modernes Hellsehen nennen möchte, etwas Wunderbares zu sein. Daß das immer noch als etwas besonders Wunderbares erscheint, kommt daher, daß die Menschen noch nicht die Energie entwickeln wollen, Aktivität in das Denken hineinzutragen. Es ist oft zum Verzweifeln in dieser Beziehung. 

 

Aber diese Energie, die in das Denken hineinzutragen ist, 

darf nicht in das Denken mit dem Kopf – 

das ja kein wirkliches Denken ist – 

hineingetragen werden, sondern das Denken muss eben Wille werden. Dazu muss allerdings alle „äußere Anschauung„, also alle Eindrücke der Sinne, sowie auch alle sinnlichen Erinnerungsvorstellungen aus dem Bewusstsein entfernt werden, und es darf nur noch der Gedankeninhalt des reinen Denkens im Bewusstsein anwesend sein – dann kann dieses Denken – 

also zum Beispiel das reine Denkens der „Philosophie der Freiheit“ – 

so verwandelt werden, dass es ebensogut als reiner Wille bezeichnet werden:

Nehmen Sie also an, Sie könnten Gedanken im reinen Gedankenflusse haben. Dann beginnt für Sie der Moment, wo Sie das Denken bis zu einem Punkte geführt haben, an dem es gar nicht mehr Denken genannt zu werden braucht. Es ist im Handumdrehen – sagen wir im Denkumdrehen – etwas anderes geworden. Es ist nämlich dieses mit Recht «reines Denken» genannte Denken reiner Wille geworden; es ist durch und durch Wollen. Sind Sie im Seelischen so weit gekommen, daß Sie das Denken befreit haben von der äußeren Anschauung, dann ist es damit zugleich reiner Wille geworden. Sie schweben, wenn ich so sagen darf, mit Ihrem Seelischen im reinen Gedankenverlauf. Dieser reine Gedankenverlauf ist ein Willensverlauf. Damit aber beginnt das reine Denken, ja sogar die Anstrengung nach seiner Ausübung, nicht nur eine Denkübung zu sein, sondern eine Willensübung, und zwar eine solche, die bis in das Zentrum des Menschen eingreift. Denn Sie werden die merkwürdige Beobachtung machen: Erst jetzt können Sie davon sprechen, daß das Denken, wie man es im gewöhnlichen Leben hat, eine Kopftätigkeit ist.

 

Wer sagt, dass wolle er nicht, denn dann sei man ja bereits in der Meditation drin, 

der mag für sich selber durchaus etwas Richtiges und Wichtiges sagen, nämlich dass er dafür noch nicht die innere gedankliche Stärke hat, und dass er diese erst entwickeln muss, um das Denken, das heißt das reine Denken auf seine ihm zukommende wirkliche Höhe hinaufzubringen. Wie gesagt, das kann eine richtige Entscheidung sein. Aber man soll doch den Blick fest auf den geistigen Horizont gerichtet haben und die große geistige Perspektive nicht aus dem Blick verlieren. Was jetzt nicht geht, wird nach einem entsprechenden Studium der Anthroposophie und der „Philosophie der Freiheit“ schon gehen. Ja, man wird sogar auf diesem Weg einen ganz natürlichen entstehenden und immer stärker wachsenden Hunger nach diesem Geistigen empfinden. Das ist ein gesunder Entwicklungsweg. Nicht gesund ist es allerdings, diesen Hunger und diese Sehnsucht nach dem Geist in sich durch Wohlleben zu betäuben, weil es einem zu schwer beziehungsweise unmöglich erscheint, dieses Ziel zu erreichen. Und wie zitierte diesbezüglich Rudolf Steiner den goetheschen Faust:  

Es ist eine scheinbar anspruchslose Betätigung des inneren Seelenlebens, aber man könnte mit Bezug auf das, was hier gemeint ist, wie es im Goetheschen «Faust» heißt, sagen: «Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer!»

  

Aber zu diesem Leichten zu kommen, dieses Leichte richtig zu verstehen, 

zu verstehen, was man in sich zu überwinden hat, das ist schwer, und in der heutigen veräußerlichten Zeit noch schwerer. Man ahnt ja heute eben nicht, wie sehr man in diesem Kopf drin steckt, wie sehr man an dieses Denken mit dem Kopf gebunden ist, wie sehr sich das eigene Denken – 

angstvoll oder hochmütig, je nach der Natur des Menschen – 

an das Gehirn festkrallt, und wie schwer es ist, aus diesem Zustand herauszukommen. Man glaubt, selbst wenn man „guten anthroposophischen Willens“ ist, man würde denken, man würde die Anthroposophie denken, man könne die „Philosophie der Freiheit“ denken, man könne meditieren – aber wenn man ein bisschen zu ahnen beginnt, dass dem nicht so ist, dann ist man in der Tat bereits ein Stückchen weitergekommen. Und zu dieser Ahnung – und über diese Ahnung hinaus – kommt man nur durch ein unablässiges, intensives, hingebungsvolles Studium der Anthroposophie Rudolf Steiners, indem man immer wieder versucht, das Gelesene für sich in seelische Praxis umzusetzen.     

  

  

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