Gewerkschaft Verdi: Gesundheit darf keine Ware sein


von Ingo Hagel 

 

Gesundheit darf keine Ware sein – so titelte vorgestern die Zeitschrift Hintergrund zu den desolaten Zuständen und Kürzungen innerhalb des deutschen Gesundheitssystems.

An deutschen Krankenhäusern herrscht nach Einschätzung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi dramatischer Personalmangel. Bundesweit fehlten 162 000 Vollzeitstellen, davon rund 70 000 im Pflegebereich, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke am Mittwoch in Berlin. Diese seien für eine gute Patientenversorgung bei gleichzeitig fairen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten notwendig. Den Mangel führte Paschke auf den hohen Rationalisierungsdruck zurück: Unter dem Diktat des Rotstifts seien zwischen 1997 und 2007 bereits 50 000 Stellen im Pflegebereich abgebaut worden.   …. In den vergangenen 15 Jahren sei das Krankenhauspersonal um 7 Prozent verringert worden, während die Zahl der Patienten um 15 Prozent gestiegen sei.   ….. Wegen der Stellenknappheit herrsche vielfach „gefährliche Pflege und gefährliche Reinigung“. Der Wettbewerb dürfe nicht länger um die geringsten Personalkosten gehen, sondern um die beste Qualität. „Gesundheit darf keine Ware sein.“ Etwa ein Drittel der 2000 Krankenhäuser in Deutschland schreibt rote Zahlen. Um die Personallücken zu schließen, fordert Verdi eine gesetzliche Personalbemessung und eine stabile Krankenhausfinanzierung, also mehr Geld.   ….  Die Arbeit von Schwestern und Pflegern werde zudem „schlecht bezahlt“. Eine Aufwertung sei deshalb überfällig.

Verdi liegt natürlich genau richtig: Gesundheit darf keine Ware sein! Genauso wie die menschliche Arbeitskraft keine Ware sein darf,  genauso wenig darf die Gesundheit eine Ware sein, genauso wenig auf das Gesundheitswesen als Ware betrachtet werden und nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben werden. Denn bei der Gesundheit des Menschen handelt es sich um ein Menschenrecht. Daher darf das Gesundheitswesen niemals in den Wirtschaftsbereich hineingezogen werden. Einzig und allein das Wirtschaftsleben darf mit Waren zu tun haben (in Produktion, Handel, Konsum), die nach den Regeln von Angebot und Nachfrage angeboten und verkauft werden können.

Anmerkung: Siehe dazu meinen Artikel zum Postbank-Chef Hans Appel

Post-Chef Frank Appel will niedrigere Sozialleistungen für Schlechtverdiener

Von Appel meldete der Spiegel, dass er schon mit 55 Jahren in Rente gehen und die vollen Pensionsleistungen in Anspruch nehmen kann. “Der Barwert seiner Rentenzusage liegt derzeit bei 7,2 Millionen Euro.”

Im Wirtschaftsleben ist es ja ganz selbstverständlich so, dass ich mir eine bestimmte Ware nicht kaufen und mir dieses Produkt nicht leisten kann, wenn ich dazu zu wenig Geld habe. Beim Gesundheitsbereich handelt es sich allerdings nicht um einen Konsum, also um etwas, das man sich wie eine Ware des Wirtschaftslebens möglicherweise leisten kann oder nicht leisten kann – je nach Pegelstand seiner Geldbörse. Im Gesundheitsbereich handelt es sich um menschliche Rechte, nicht um Ware. Gesundheit und der Anspruch auf gesundheitliche Versorgung sind ein Menschenrecht – vielleicht nicht in Amerika, aber hier in Deutschland. Egal ob nun ein Mensch Geld in der Tasche hat oder nicht: Der Anspruch auf eine menschenwürdige medizinische Versorgung ist Menschenrecht, das man niemals wird verweigern dürfen. Niemals darf daher das Gesundheitswesen in die Hände des Wirtschaftslebens übergeben werden, denn dies würde einen weiteren unmenschlichen Abbau des Rechtsstaates bedeuten. Da hat die Gewerkschaft Verdi völlig recht: Genauso wie Arbeit niemals eine Ware sein darf, genauso wenig darauf das Gesundheitswesen zu einer Ware gemacht werden. Es handelt sich um ein Menschenrecht, und Menschenrechte gehören nicht ins Wirtschaftsleben. Sie müssen herausgehalten werden aus dem Wirtschaftsleben, das ja alles nur zu einer Ware machen kann. Selbstverständlich wird ein Krankenhaus, eine Arztpraxis und so weiter auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bilanzieren müssen, da sie – wie jeder andere Haushalt und Privatmann auch – sonst bankrott geht. Aber das steht doch auf einem völlig anderen Blatte.

Und innerhalb dieses Gemeinschaftswesens, dieses sozialen Organismus, dieses Volkes, wird man sich eben darüber unterhalten müssen, welche Mitteln in welcher Höhe für dieses Gesundheitswesen bereitgestellt werden müssen aus den Leistungen der Allgemeinheit, um der Allgemeinheit dieses Menschenrecht auf Gesundheit zu gewähren.

Man wird in Zukunft eben zusammenkommen müssen innerhalb einer menschlichen Gemeinschaft in den verschiedenen Delegationen dieser Gemeinschaft und Gruppen, die sich in einem neuen Rechtsstaat bilden werden, um sich darüber zu besprechen, wie viel denn an Geldern und Steuermitteln in dieses Gesundheitswesen wird hineinfließen sollen an finanzieller Unterstützung. Und diese finanzielle Unterstützung wird natürlich kommen müssen aus Steuern.

Man kann durchaus den Eindruck gewinnen (zum Beispiel aus dem oben zitierten Beitrag der Zeitschrift Hintergrund), dass das Gesundheitswesen bewusst zugrundegerichtet wird, damit alle dann dankbar sind, dass die Finanzwirtschaft, die sich ihr Geld ja selber druckt und davon im Überfluss hat (s. dazu die Clips hier), dieses Gesundheitswesen dann übernehmen und sich unter den Nagel reißen kann. Aber es fehlen auch Richter, und dazu ist die Polizei völlig überfordert mit ihren Aufgaben, da sie unterbesetzt ist usw. usw.. Also: die soziale Gemeinschaft wird bestimmen müssen, was ihr diese Rechte bedeuten und wert sind, und danach wird sie die Steuern bemessen müssen. Es mag sein, dass das einiges kosten wird, aber sorgt für eine gerechte Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten, verhindert den Raubzug der Reichen, und das Volk wird auch mehr Steuern für ein menschliches Gesundheitswesen bezahlen können und auch ansonsten mehr Geld zum Leben haben.

 

 

 

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Gewerkschaft Verdi: Gesundheit darf keine Ware sein wurde am 22.02.2013 unter Politik, Soziale Frage veröffentlicht.

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