Verzweifelter Brief eines Lokführers der Deutschen Bahn

 

von Ingo Hagel 

 

Dieser lesenswerte Brief findet sich in der FAZ leider nur hinter einer Paywall:

Was haben wir nicht alles an Umstrukturierungen über uns ergehen lassen müssen. Sie haben es von Mal zu Mal verschlimmert. Externe Beraterfirmen wurden hinzugezogen, die von der Eisenbahn nicht den blassesten Schimmer haben. Deswegen habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, dass unsere „studierte Elite“ Nicht mehr die Fähigkeiten besitzt, die anstehenden Probleme adäquat zu lösen. Sie können alles nur aus der Theorie. Es fehlt das praktische Wissen. Nach drei Jahren sind sie wieder weg, sie identifizieren sich nicht mit der Bahn. Der Scherbenhaufen, den sie aber hinterlassen haben, ist noch da. Dann kommt der nächste mit einer anderen Wahnsinnsidee.

Inzwischen habe ich viel zu oft eine 6-Tage-Woche mit bis zu 55 Stunden Arbeitszeit. Mehr als 400 Überstunden (andere haben bis zu 700), die ich vor mir her schiebe, sind das Ergebnis von chronischen Personalmangel – wegen jahrelanger verfehlter Personalpolitik. Ich fühle mich ausgequetscht wie eine Zitrone. Den Druck vom Arbeitgeber empfinde ich als erheblich, über Nacht kommen Schichten an RuheTagen auf mich zu. Da heißt es: Es waren noch Schichten offen, du „musst“ fahren.

Mein letzter Krankentag war im Februar 2004, also vor 15 Jahren (dass der Krankenstand beim Fahrpersonal so hoch ist, sollte doch zu denken geben), seitdem komme ich brav jeden Tag auf die Arbeit. Ich bin frustriert, demotiviert, übermüdet, ich schleppe mich von Schicht zu Schicht. Ich fühle mich als verbeamteter Lokführer bei der Deutschen Bahn behandelt wie der letzte Dreck.

Wenn das Netz privatisiert und aus dem Konzern herausgelöst wird, wie es Herr Hofreiter von den Grünen und andere Unwissende fordern, werden wir ein blaues Wunder erleben. Die Eisenbahn ist ein Verbundsystem, wo ein Rädchen in das andere greift. Es funktioniert nur reibungslos, wenn alles zusammenbleibt.

… 

Dann kommt aber folgender Absatz und Vorschlag dieses wackeren Lokführers, der belegt, dass er nach all der guten Diagnose zu keiner wirksamen Therapie kommen kann:

Wo liegt die Lösung des Problems? Ich habe leider keine Patentlösung parat, nur Ansätze. Veränderungen fangen im Kleinen an. Des Deutschen liebstes Kind ist das Auto. Wir brauchten einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass der Bahn absoluter Vorrang eingeräumt wird. Nur die Mehrheit kann in der Demokratie etwas erreichen. Da ein Volksbegehren schlechte Chancen hat, geht es nur über unsere Abgeordneten. Die Mehrheit von uns müsste zum Wahlkreis Abgeordneten gehen und Dampf machen. Dann ändert sich vielleicht etwas, denn der Herr oder die Frau Abgeordnete will garantiert wieder gewählt werden.

Der wackere Lokführer ruft zwar “die Mehrheit” an, denn nur sie könne “in der Demokratie etwas erreichen”. Er gibt aber gleichzeitig zu, dass über die Mehrheit eines Volksbegehrens kaum etwas zu erreichen sein wird –

was ja doch soviel heißt, dass den Menschen dieses Problem noch nicht genügend auf den Nägeln brennt, dass sie dafür genügend Druck machen würden. –

Auch hält er von den Abgeordneten nicht viel –

zutreffenderweise, denn diese haben ja die Bahn in diese missliche Situation gebracht – Beispiel Anton Hofreiter von den Grünen –

aber nun will er doch tatsächlich die Rettung der Bahn von diesen Abgeordneten durchführen lassen. Der wackere Lokführer ist eben – wie so viele Andere auch – noch völlig in den Denkschablonen des alten, überkommenen Einheitsstaates befangen. Dabei kann die Lösung doch wirklich nur in dem liegen, was ich hier immer wieder als Soziale Dreigliederung beschreibe –

mehr dazu zum Beispiel hier und hier und hier auf Umkreis-Online –

also hier in diesem Falle die Trennung von Politik und Wirtschaftsleben. Stellt das Wirtschaftsleben auf eigene Füße, indem ihr es von der Gängelung der Politik befreit, und ihr werdet sehen, wie gut die Wirtschaft, also hier in diesem Falle die Deutsche Bahn, die vielen von dem Lokführer genannten Probleme wird lösen können. – Befreit die Politik von dem Druck des Wirtschaftslebens. – Sorgt für ein eigenes, unabhängiges freies Geistesleben, wozu natürlich auch ein von der Politik unabhängiges Schul- und Ausbildungssystem gehören wird. Tüchtige Ingenieure und Mitarbeiter bei der Deutschen Bahn – nur zum Beispiel – werden es euch danken.

 

 

Hat Ihnen dieser Artikel etwas gegeben? Dann geben Sie doch etwas zurück! – Unterstützen Sie meine Arbeit im Umkreis-Institut durch eine

Spende!

Das geht sehr einfach über eine Überweisung oder über PayPal.

Sollte Ihnen aber Ihre Suchmaschine diesen Artikel nur zufällig auf den Monitor geworfen haben, Sie das alles sowieso nur für (elektronisches) Papier beziehungsweise nur für Worte – also für Pille-Palle – halten, dann gibt es 

hier 

einen angenehmen und lustigen Ausgang für Sie.

Falls Ihnen dieser Artikel jedoch unverständlich, unangebracht, spinnig oder sogar „esoterisch“ vorkommt, gibt es vorerst wohl nur eines: 

Don‘t touch that!

 

 


Verzweifelter Brief eines Lokführers der Deutschen Bahn wurde am 20.03.2019 unter Hide veröffentlicht.

Schlagworte: