Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ zu Schopenhauers ideenlosem Willen 

GA 4 S. 92

Die vorangehenden Ausführungen liefern den Beweis, daß es ein Unding ist, etwas anderes Gemeinsames in den Einzelwesen der Welt zu suchen, als den ideellen Inhalt, den uns das Denken darbietet. Alle Versuche müssen scheitern, die nach einer anderen Welteinheit streben als nach diesem in sich zusammenhängenden ideellen Inhalt, welchen wir uns durch denkende Betrachtung unserer Wahrnehmungen erwerben. Nicht ein menschlich-persönlicher Gott, nicht Kraft oder Stoff, noch der ideenlose Wille (Schopenhauers) können uns als eine universelle Welteinheit gelten. Diese Wesenheiten gehören sämtlich nur einem beschränkten Gebiet unserer Beobachtung an. Menschlich begrenzte Persönlichkeit nehmen wir nur an uns, Kraft und Stoff an den Außendingen wahr. Was den Willen betrifft, so kann er nur als die Tätigkeitsäußerung unserer beschränkten Persönlichkeit gelten. Schopenhauer will es vermeiden, das «abstrakte» Denken zum Träger der Welteinheit zu machen und sucht statt dessen etwas, das sich ihm unmittelbar als ein Reales darbietet. Dieser Philosoph glaubt, daß wir der Welt nimmermehr beikommen, wenn wir sie als Außenwelt ansehen.

«In der Tat würde die nachgeforschte Bedeutung der mir lediglich als meine Vorstellung gegenüberstehenden Welt, oder der Ubergang von ihr, als bloßer Vorstellung des erkennenden Subjekts, zu dem, was sie noch außerdem sein mag, nimmermehr zu finden sein, wenn der Forscher selbst nichts weiter als das rein erkennende Subjekt (geflügelter Engelskopf ohne Leib) wäre. Nun aber wurzelt er selbst in jener Welt, findet sich nämlich in ihr als Individuum, das heißt sein Erkennen, welches der bedingende Träger der ganzen Welt als Vorstellung ist, ist dennoch durchaus vermittelt durch einen Leib, dessen Affektionen, wie gezeigt, dem Verstande der Ausgangspunkt der Anschauung jener Welt sind. Dieser Leib ist dem rein erkennenden Subjekt als solchem eine Vorstellung wie jede andere, ein Objekt unter Objekten: die Bewegungen, die Aktionen desselben sind ihm insoweit nicht anders, als wie die Veränderungen aller anderen anschaulichen Objekte bekannt, und wären ihm ebenso fremd und unverständlich, wenn die Bedeutung derselben ihm nicht etwa auf eine ganz andere Art enträtselt wäre. … Dem Subjekt des Erkennens, welches durch seine Identität mit dem Leibe als Individuum auftritt, ist dieser Leib auf zwei ganz verschiedene Weisen gegeben: einmal als Vorstellung in verständiger Anschauung, als Objekt unter Objekten, und den Gesetzen dieser unterworfen; sodann aber auch zugleich auf eine ganz andere Weise, nämlich als jenes jedem unmittelbar Bekannte, welches das Wort Wille bezeichnet. Jeder wahre Akt seines Willens ist sofort und unausbleiblich auch eine Bewegung seines Leibes: er kann den Akt nicht wirklich wollen, ohne zugleich wahrzunehmen, daß er als Bewegung des Leibes erscheint. Der Willensakt und die Aktion des Leibes sind nicht zwei objektiv erkannte verschiedene Zustände, die das Band der Kausalität verknüpft, stehen nicht im Verhältnis der Ursache und Wirkung; sondern sie sind eines und dasselbe, nur auf zwei gänzlich verschiedene Weisen gegeben: einmal ganz unmittelbar und einmal in der Anschauung für den Verstand.» 

Durch diese Auseinandersetzungen glaubt sich Schopenhauer berechtigt, in dem Leibe des Menschen die «Objektität» des Willens zu finden. Er ist der Meinung, in den Aktionen des Leibes unmittelbar eine Realität, das Ding an sich in concreto zu fühlen. Gegen diese Ausführungen muß eingewendet werden, daß uns die Aktionen unseres Leibes nur durch Selbstwahrnehmungen zum Bewußtsein kommen und als solche nichts voraus haben vor anderen Wahrnehmungen. Wenn wir ihre Wesenheit erkennen wollen, so können wir dies nur durch denkende Betrachtung, das heißt durch Eingliederung derselben in das ideelle System unserer Begriffe und Ideen.

 

 

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