Sehen Sie, unter mancherlei materialistischen Auseinandersetzungen, die es über das Wesen des Lebens heute gibt, findet man ja diese und jene Definition, diese und jene Erklärung über das, was ein lebendiges Wesen ist. Ich glaube, zu Ihnen ist aus der Geisteswissenschaft heraus schon genügend gesagt worden, aus dem erkennbar ist, daß alle solche Erklärungen, alle solche Definitionen nur ganz einseitig sein können. Der große Irrtum, die große Illusion der materialistisch gesinnten Menschen ist eben der, daß sie glauben, mit einer Definition oder mit einer Erklärung das Wesen der Sache zu er-schöpfen. Ich habe Sie, um Ihnen das Groteske dieses Glaubens zu illustrieren, öfter schon darauf aufmerksam gemacht, daß in einer griechischen Philosophenschule einmal die Definition für den Menschen gesucht wurde und man dann endlich gefunden hat, daß ein Mensch so zu definieren sei, daß er zwei Beine und keine Federn habe. – Nun, das ist ganz zweifellos richtig; man kann sagen, es ist dies eine absolut richtige Definition. Am nächsten Tage brachte einer, der die Definition verstanden hatte, einen gerupften Hahn mit und sagte: Das ist ein Wesen, das zwei Beine und keine Federn hat, also muß das ein Mensch sein.
So sind wirklich die Definitionen, die häufig gegeben werden, und man muß wissen, daß Definitionen eben so sind. Und so gibt es also auch eine materialistische Definition des Lebendigen, die ein berühmter Zoologe gegeben hat und die auch richtig und brauchbar ist in den Grenzen, in denen sie anwendbar ist. Diese materialistische Definition des Lebendigen besagt: Ein Lebendiges ist dasjenige, welches unter gewissen Bedingungen einen Leichnam zurückläßt; alles dasjenige, was es bei seiner Vernichtung zurückläßt, ist also kein Lebendiges.
Selbstverständlich, meine lieben Freunde, ist diese Definition nur eine Definition für die äußersten Ausläufer des physischen Planes. Aber dafür ist diese Definition, daß ein Lebendiges bei seinem Untergange einen Leichnam zurückläßt, gültig. Eine Maschine, wenn sie zerstört wird, läßt keinen Leichnam zurück, und man weiß, daß man parabolisch spricht, wenn man sagt, eine Uhr läßt einen Leichnam zurück. Aber im allerrealsten Sinne des Wortes wäre dies tatsächlich der Fall, wenn unsere Gesellschaft aufgelöst würde oder sich selbst auflösen würde. Sie ließe einen realen Leichnam zurück.
Worin besteht denn das Wesen des realen Leichnams? Es besteht darin, daß der Leichnam, wenn er von seiner Seele verlassen ist, nicht mehr denselben Gesetzen folgt wie zu der Zeit, in der er mit ihr vereint war. Er beginnt, den physikalischen Gesetzen der Erdenelemente zu folgen. Nun, in dem Augenblick, wo unsere Gesellschaft aufgelöst würde, würde mit dem Leichnam unserer Gesellschaft dasselbe der Fall sein. Hinzu käme noch das, was der Träger unserer Gesellschaft ist: die Zyklen. Zu dem Leichnam gehörten also auch alle in den Händen der Mitglieder befindlichen Zyklen.
Nun kann dieser Vergleich auch noch wirklich sachgemäß und wissenschaftlich richtig fortgesetzt werden. Dem Leichnam gegenüber besteht die Notwendigkeit, wenn er nicht schädlich, nicht verderblich auf die Umgebung wirken soll, ihn zu verbrennen oder zu bestatten. Übertragen Sie sich nur einmal diese absolut richtige Wahrheit auf den Leichnam, der von unserer Gesellschaft, wenn sie aufgelöst würde, zweifellos zurückbleiben würde. Das heißt, wir werden in dem Augenblicke, wo wir uns dessen bewußt werden, was unsere Gesellschaft ist, gewahr, daß wir eine Verantwortung haben gegenüber ihren realen Grundlagen. Eine Gesellschaft oder ein Verein, der auf Statuten und Programmpunkte aufgebaut ist, gleicht einer Maschine, die, wenn man sie zerschlägt, nichts anderes zurückläßt als Stücke; während unsere Gesellschaft, weil sie ein Organismus, ein Lebewesen ist, wirklich einen realen Leichnam zurückließe, wenn sie aufgelöst würde, etwas zurückließe, das als Leichnam gedacht und behandelt werden müßte.
Es ist schon notwendig, meine lieben Freunde, daß wir über die Lebensbedingungen unserer Gesellschaft nachdenken. Wenden Sie den Blick einmal von dem, ich möchte sagen, ganz Äußerlichen der Zyklen hin zu dem, was in den Zyklen darinnen steht und was, wie ich gestern gesagt habe, in eine Anzahl von Köpfen hineingegangen ist. Ich meine damit nicht nur diejenigen Köpfe, in die es sachgemäß und harmonisch hineingegangen ist, sondern vielleicht auch – selbstverständlich sind die Anwesenden aus Höflichkeit ausgenommen – diejenigen, in die es verkehrt hineingegangen ist und die jetzt allerlei Verkehrtes reden. Das alles ist auch da; das alles lebt in der Gesellschaft. Denken Sie sich, wie das als der Leichnam der Gesellschaft wirken müßte, wenn sich die Gesellschaft auflösen würde.
Es wird uns also eine Verantwortung auferlegt, über die Lebensbedingungen unserer Gesellschaft zu wachen. Deshalb richtete ich gestern nach verschiedenen Richtungen hin an Sie den Appell, über diese Lebensbedingungen wirklich zu wachen.
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