Zur Diagnose des „bestehenden Systems“

 

von Ingo Hagel

 

„Wenn Sie Bundeskanzler wären, was würden Sie als erstes tun?“ 

Antwort von Jesper Juul (dänischer Familientherapeut): 

„Ich würde das deutsche Schulsystem abschaffen, alle Schulleiter und Verwaltungsbeamten feuern und es mit der Hilfe von Menschen, die wissen wovon sie sprechen, neu erfinden. Das bestehende System – mit wenigen schönen Ausnahmen – tötet den Geist der Lehrer, vernichtet den Verstand und die Seelen der Kinder und verbreitet Furcht und Angst unter den Eltern, die sich genötigt fühlen, ihren Kindern Dampf zu machen, obwohl alles dagegen spricht. 

Das bestehende System dient weder dem Staat (den Staaten) noch den Menschen, die jeden Tag dort arbeiten. Man kann es nur als ein wirtschaftliches, kulturelles, intellektuelles und menschliches Desaster beschreiben. Ich warte auf den Tag, an dem deutsche Eltern genug haben und den Mut haben, für ihre Kinder aufzustehen.“

 

Na klar, der Diagnose des „bestehenden Systems“ kann man nur zustimmen. Darüber habe ich oftmals hier auf Umkreis geschrieben. Und ich habe auch das erwähnt, was Rudolf Steiner damals im Nachkriegsjahr 1919 dazu sagte: 

Lassen Sie drei Jahrzehnte noch so gelehrt werden, wie an unseren Hochschulen gelehrt wird, lassen Sie noch durch dreißig Jahre so über soziale Angelegenheiten gedacht werden, wie heute gedacht wird, dann haben Sie nach diesen dreißig Jahren ein verwüstetes Europa. 

  

Aber wenn man das Ganze mal praktisch angeht, was die Pläne von Jesper Juul als Bundeskanzler angeht, 

dann wird man sich natürlich fragen müssen, woher die ganzen neuen Lehrer und Hochschullehrer wohl kommen werden, damit an diesen Schulen und Hochschulen anders gelehrt wird, und damit über soziale Angelegenheiten anders gedacht wird. –

Und damit anders gewirtschaftet und anders das Rechtsleben (Politik) der Menschen geordnet wird – zu Sozialen Dreigliederung siehe auch hier auf Umkreis-Online. –

 

Und man wird mal wieder zu dem Schluss kommen, 

dass das ganze noch sehr viel länger dauern wird. Denn zuallererst muss es ja erst einmal zu dem kommen, dass genügend und ausreichend Menschen das überhaupt erst werden wollen müssen – dass an diesen Schulen und Hochschulen anders gelehrt wird, und damit über soziale Angelegenheiten anders gedacht wird. Man kann ahnen, dass das schon mal sehr lange dauern wird. Wenn aber tatsächlich die Not genügend groß sein wird, dann wird man schon bestimmte Dinge anders machen wollen. Aber dann wird der große Hickhack entstehen, wie denn anders gedacht und gelehrt werden soll. Die meisten werden doch nur wieder zurück zur sozialen Marktwirtschaft Ludwig Ehrhardt wollen oder zu der großen staatlichen Versorgung über ein Grundeinkommen und so weiter.

  

Man sieht also: es gibt eine niedergehende, verfallende Kulturströmung und – 

sie zeigt sich hier und da, oft verworren und nur keimhaft, winzig, aber sie ist da – 

eine aufgehende Kulturströmung. Diese wird allerdings noch sehr viel Zeit brauchen. Bis dahin wird abgebaut werden und – Bewusstsein geschaffen werden müssen. Die neue Kulturströmung kann ja nicht dort entstehen, wo das fette, pralle Leben à la gut und gerne leben in Bad Deutschburg existiert. 

  

  

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Zur Diagnose des „bestehenden Systems“ wurde am 06.04.2022 unter Zum Zeitgeschehen veröffentlicht.

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