Die Meditations-App

 

von Ingo Hagel 

 

Das FAZ-Magazin vom April 2019, das unter dem –

mit Blick auf das folgende Thema bezeichnenden, das heißt hippen, aber unpassenden –

Motto auf der Titelseite „Fühlen, Sehen, Riechen“ erschien, fragte (auf Seite 31) den Entwickler/Herausgeber/Stimme der Meditations-App „Headspace“ (40 Millionen User) Andy Puddicombe, der im zarten Alter von elf Jahren mit seiner Mutter zum ersten Mal in einer Meditations-Stunde saß:

Was ist Ihnen bei dieser ersten Meditation durch den Kopf gegangen?

Andy Puddicombe: Ich weiß noch, dass mein Bewusstsein in dem Moment total frei von Gedanken war. Das wurde mir da zum ersten Mal klar, das war ein Schock. Ich beobachte das noch heute, wenn ich mit Kindern zusammenarbeite, sie tragen noch nicht das Gepäck eines langen Lebens mit sich herum. Sie haben ganz wenig Erwartungen, und bei Meditation hilft das. Als Kind setzt man sich einfach hin. Dieses allererste Mal war eine sehr angenehme Erfahrung.     

Natürlich finden die Leute das höchst bedeutungsvoll und attraktiv, denn so gerne würden sie auch in ihrem Bewusstsein mal

total frei von Gedanken 

sein. Das ist verständlich, denn die Menschen sind heute dabei, aufgrund der auf sie einstürmenden Sinneseindrücke –

auch und besonders per Fernsehen, Medien, Smartphone, Computer und so weiter –

und den in ihnen rotierenden Vorstellungen, die sie für Denken halten, –

sowie aufgrund der zergliedernden naturwissenschaftlichen Denkweise dieser sogenannten „modernen“ Zeit, die aber nur den toten Teil dieser Welt erfassen kann, und dadurch zerstörend und zerreißend (Rudolf Steiner) auf die heutigen Menschen wirkt –

immer mehr die Kontrolle über ihr Denken zu verlieren. Sie sind daher nur zu leicht geneigt das Kind mit dem Bade auszuschütten, das heißt – nur zum Beispiel – ihr Denken auf den Stand der Kindheit zurückführen zu wollen, also auf den Stand, auf dem es noch gar nicht entwickelt war.

 

Damit versäumen sie die wichtigste Angelegenheit in ihrem Leben: Nämlich überhaupt erst einmal richtig das Denken zu entwickeln. 

Ich erinnere mich noch von vor 40 Jahren an den Satz aus einer Zeitung von Bhagwan, dem neben den Beatles so viele junge Westler nachliefen:

The mind is not the way.

Woran ja insofern etwas dran ist, als dass die geistigen Gesetze der Ewigkeit, also der wirklichen geistigen Welt, nicht durch das erfasst werden können, was gewöhnliches Alltagsbewusstsein (mind) des Menschen ist. Aber bevor die Menschen des Westen ihr Bewusstsein geringschätzig über Bord werfen, sollten Sie sich klar darüber werden, dass für den westlichen Menschen „der Weg“ in gesunder Weise nur durch das Bewusstsein gehen kann. Aber dieses ist erst einmal zu klären, zu sortieren, und in der richtigen Weise zu entwickeln und zu kräftigen.

Die Leute heute sind ja völlig verzückt, wenn irgendeine App aus dem Smartphone ihnen etwas von Achtsamkeit erzählt. Aber die Frage ist, ob diese Achtsamkeit denn nun auf etwas Sinnliches oder Nicht-Sinnliches, das heißt Übersinnliches, gerichtet werden soll. Mit Blick auf das Anliegen der Meditation sollte ja wohl Letzteres der Fall sein. Stattdessen wird auf das Sinnliche (Stimme) der Meditations-App gehört.

 

 

  

Das Interesse an Meditation in der Welt scheint doch sehr groß zu sein,

wenn, wie oben angeführt, 40 Millionen Benutzer –

davon 1 Million allein in Deutschland –

die obige Meditations-App heruntergeladen haben. Nun hängen allerdings mit dem, was Meditation ist, große und wichtigste Angelegenheiten der Zeit, aber auch große Gefahren zusammen. Meditation hat ja zum Ziel, bisher unbekannte Kräfte im Menschen zu wecken, um damit neben dieser Sinneswelt eine bis dahin unbekannte geistige, okkulte, übersinnliche Welt zu entdecken und zu erforschen. Sind die Menschen dem, was dann auf sie zukommt, in ihrem seelischen und geistigen Gefüge auch gewappnet? Immer wieder machte Rudolf Steiner auf die Gefahren aufmerksam, ungenügend vorbereitet in die geistige Welt einzutreten. So zum Beispiel auch hier.

 

Mit Sorge kann man daher diesen merkwürdigen Meditations-Hype betrachten, 

der immer wieder und besonders im Moment durch die Gazetten und Medien weht. So sprang – neben vielen anderen Medien – auch n-tv auf dieses Thema dieser Meditations-App auf und schrieb:

Doch Apps für Meditation und Achtsamkeit sind ein boomendes Geschäft. Headspace, einer der größten Anbieter, will nun auch den deutschsprachigen Markt erobern. 

Vom buddhistischen Mönch im Himalaya zum erfolgreichen Startup-Gründer in Kalifornien: Der Brite Andy Puddicombe hat einen erstaunlichen Werdegang.  

 

Denn bevor in diesen Millionen von Menschen tatsächlich die ersten vorzeitigen und unreifen Früchte 

einer überstürzten, falsch angestellten oder fehlgeleiteten Meditation keimen, möchte man ihnen raten, doch vorher erst ihr Denken in Ordnung zu bringen –

was natürlich besonders gut durch ein intensives Studium der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners angegangen werden kann. – Ich habe dazu aus gegebenem Anlass hier eine Art Kapitelverzeichnis erstellt, um über die verschiedenen Aspekte zu diesem Thema und zu den in der linken Leiste hier auf Umkreis-Online doch recht verstreuten Schlagworte einen leichteren Überblick zu behalten. –

und sich über das, was Meditation für den westlichen Menschen in ordnungsgemäßem und gesunden Sinne sein sollte, vorher zu informieren und die entsprechenden Vorsichtsmaßregeln zu treffen. So gibt zum Beispiel Rudolf Steiners Buch Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? dazu nötige Grundlagen.

 

Aber die Frage ist, ob dieses große Interesse der Menschen wirklich an der Meditation als Erkenntnismittel vorhanden ist 

oder einfach nur, damit man sich besser fühlt, den Stress des Alltags besser bewältigt und vielleicht nachts besser schlafen kann –

was ja durch aus verständlich ist, aber doch mit dem Wesen der Meditation oder des Denkens nicht in erster Linie etwas zu tun hat. –

Der Entwickler der Meditations-App Andy Puddicombe bestätigt das ja in obigem Interview:

So sind Sie zurück nach London gezogen. 

Andy Puddicombe: Dort fing ich an, in der Praxis zu arbeiten. Es ging dann nicht mehr darum, über Erleuchtung zu sprechen. Die Leute wollten einfach besser schlafen oder bessere Eltern sein.

 

Die verschiedenartigsten Schwierigkeiten und Nöte in der heutigen Welt beruhen ja zum großen Teil auch darauf, 

dass diese heutige sogenannte „moderne“ naturwissenschaftliche Denkweise das Seelenleben der Menschen zerreißt. Rudolf Steiner dazu:

Von dieser Denkweise, zu der einen Zugang haben die verschiedenen, den Menschen auseinanderreißenden Mächte, muss man klar unterscheiden die andere, die in der Geisteswissenschaft allein angewendet wird.

Daher sehen Sie, was es eigentlich für ein großer Schaden für die Menschheit ist, wenn sie sich sträubt, geisteswissenschaftlich zu denken.

 

Und hier in diesem Beitrag schrieb ich bereits über diese Problematik, 

in dieser sogenannten „modernen“, naturwissenschaftlich geprägten, aber abstrakten und realgeistig leeren –

im Vergleich zu den höheren übersinnlichen Erkenntnisstufen Imagination, Inspiration und Intuition –

und daher seelenzerschleißenden Zeit zu leben, sowie über den Rat Rudolf Steiners, sich die nötigen gesundenden Impulse dazu aus dem Studium der Ideen der anthroposophischen Geisteswissenschaft zu entnehmen:

Rudolf Steiner wies bereits die Menschen damals darauf hin, dass wir in einer „Niedergangskultur“ leben. Und wer darüber dann ganz verzweifelt ist, und fragt, was er denn noch lesen solle, womit er sich denn geistig überhaupt noch beschäftigen sollen, und ob man eigentlich noch lebe, dem sollte

trotz des Höllengelächters, das von manchen Seiten in der Gegenwart angestimmt wird, anthroposophische Literatur in die Hand gegeben werden, und sie sollten auf irgendeine Weise, sofern das nur irgend vermocht wird, eine seelische Arznei bekommen, damit sie die durch die Gegenwartskultur verursachten Hemmungen loswerden, welche sie hindern, das aufzunehmen, was die Seele heute unbedingt braucht. Es gehen viele Leute heute in der Welt herum, die mit sich nichts anzufangen wissen, denen ihr Leib zu schwer, innerlich zu krüppelig wird. Gerade sie müssten oftmals im vollen Ernste darauf hingewiesen werden, welch kraftende, gesundende Impulse in einem wirklichen Sich-Erarbeiten der Gedanken, der Ideen anthroposophischer Geisteswissenschaft liegen. (GA 207 Seite 153) 

 

Nur um seine missliche Lebenssituation verbessern zu wollen, 

also nur, um zum Beispiel

besser schlafen oder bessere Eltern sein

zu wollen, sollte man sich nicht in das nicht ungefährliche Unterfangen der Meditation stürzen, sondern –

wenn man dieses Projekt wirklich ernsthaft angehen will –

besser erstmal das Studium der Geisteswissenschaft betreiben, was dann eben aber auch den allerersten Schritt zu eigener übersinnlicher Erkenntnis darstellt:

Die einzelnen Stufen der höheren Erkenntnis im Sinne jenes Einweihungsvorganges, der hier beschrieben worden ist, können nun in der folgenden Art bezeichnet werden: 

1. Das Studium der Geisteswissenschaft, wobei man sich zunächst der Urteilskraft bedient, welche man in der physisch-sinnlichen Welt gewonnen hat. 

2. Die Erwerbung der imaginativen Erkenntnis. …  

 

Für ein Erfassen der geistigen Wirklichkeit durch das Denken bestanden niemals seit den letzten 5000 Jahren größere Chancen als heute.

Aber so wie die Dinge in den geistigen Angelegenheiten eines umfassenden Erkennens im Moment stehen –

und so wie dieser ganze „moderne“ hyperintellektuelle Meditations-Schnickschnack diese westlichen Gesellschaften überschwemmen –

wird es wohl eher dazu kommen, dass –

wie Rudolf Steiner es bereits damals herankommen sah –

der Orient das Geistesleben hier in Deutschland und Europa überrollen wird:

Man hätte sich bewusst sein sollen, dass eines Tages einfach die große Frage auftauchen könnte, ob nicht der Orient überhaupt das ganze Abendland überfluten könnte mit seiner Denkweise über das geistige Leben. Heute ist schon die Morgenröte dafür da. Man diskutiert im Orient, in Asien drüben, wie man es eigentlich machen soll, damit das ganze technisch-wissenschaftliche Zeug in Europa mit seiner Abstraktion, mit seinem Ausbeutertum und so weiter verschwinde und das asiatische Element des menschlichen Fühlens und Empfindens, des Seelenhaften, die ganze Erde überziehe.

  

Selbstverständlich ist die heutige moderne, auf naturwissenschaftliches Denken gegründete Weltanschauung abstrakt. 

Daher wollen die Menschen diese, wie gerade oben angeführt, loswerden. Damit müssten selbstverständlich auch alle Impulse der Freiheit, die diese abstrakte moderne naturwissenschaftliche Denkweise den Menschen gebracht hat, über Bord geworfen werden. –

Wer dieses Thema –

außer den oben erwähnten Stichworten und Kapiteln zur „Philosophie der Freiheit“ –

so vertiefen möchte, wie ich es vor Jahren einmal in einer anthroposophischen Zeitschrift mit Blick auf die biologisch-dynamische Züchtung dargestellt habe, kann hier vielleicht noch einige Anregungen erhalten.

Und selbstverständlich ist das, was Rudolf Steiner – nur zum Beispiel – in seiner „Philosophie der Freiheit“ darlegte, abstrakt –

in dem Sinne, in dem alles, was im reinen Denken geschrieben oder gedacht wird, abstrakt ist –

Aber während die naturwissenschaftliche Denkweise –

beschränkt, zugelassen und durchgeführt nur auf den Bereich der Sinneswelt –

in sich nur das Versprechen auf den Niedergang und den Tod in sich trägt, trägt die  Anschauung der „Philosophie der Freiheit“ den Anfang alles zukünftigen Lebens in sich. Davon dann später – vielleicht – irgendwann mal noch etwas mehr, als ich hier auf Umkreis-Online sowieso schon geschrieben habe.

 

 

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